Für Menschen unter 35 sind ABBA sicherlich oftmals nur irgend so eine Oldie-Truppe, die irgendwann einmal erfolgreich gewesen ist. Wer allerdings älter ist, ist auf die eine oder andere Art mit ihrer Musik aufgewachsen. Entsprechend groß ist die Begeisterung, dass sie nun nach genau genommenen 39 Jahren Schaffenspause mit ihrem neuen Album „Voyage“ zurückkehren. Weitere interessante Rock-Storys gibt es hier zu lesen.

Zwei musizierende Paare

Vermutlich ist bereits zu und über ABBA alles geschrieben worden, weswegen es sinnlos erscheint, ein weiteres Mal den Weg ihres Erfolges nachzuzeichnen. Was eher wenige wissen werden, ist, dass ABBA ursprünglich nur zwei befreundete Paare waren. Benny Anderson und Björn Ulvaeus lernten sich in den 60-er Jahren kennen, als sie beide in unterschiedlichen Formationen durchaus erfolgreich musizierten. Sie seien sich sofort sympathisch gewesen, erzählen sie später in Interviews. Eine gute Voraussetzung, um fortan auch gemeinsam zu komponieren. Erste Songs entstehen und werden von Andersons Band Hep Stars ins Programm aufgenommen. Im Rahmen ihrer manchmal gemeinsamen, manchmal alleinigen Tätigkeiten im Musikgeschäft lernen sie schließlich ihre späteren Ehefrauen und Sängerinnen kennen.

Im Jahr 1969 treffen Benny Anderson und die norwegische Sängerin Anni-Frid Lyngstad in einer TV-Show im schwedischen Fernsehen aufeinander. Ulvaeus lernt zu ungefähr der gleichen Zeit ebenfalls seine spätere Ehepartnerin Agnetha Fältskog kennen. Laut eigener Aussage verliebte er sich sofort in Fältskog, weil sie so wunderbar singen konnte. Alle sind zu der Zeit im schwedischen Musikbusiness durchaus erfolgreich beschäftigt. Benny und Björn komponieren und produzieren gemeinsam und musizieren auch zusammen in der Band Hep Stars, für die Ulvaeus sein Jura-Studium hinschmeißt, um als Gitarrist dort einzusteigen. Bei einem gemeinsamen Grillabend der beiden sehr gut befreundeten Paare entsteht dann die Idee, dass sie doch alle vier zusammen Musik machen könnten. Abba ist geboren, wenn auch erst als lockere Formation unter dem Namen Björn & Benny, Agnetha & Anni-Frid.

Vom Grand Prix D’Eurovision zum musikalischen Kulturgut

Da ein erster Song von Björn und Benny zuvor mit einem englischen Titel und entsprechendem Text in den japanischen Charts erfolgreich ist, entscheiden sie, ihre Kompositionen nicht nur mit schwedischen Texten, sondern international ausgerichtet in englischer Sprache zu veröffentlichen. Ein kluger Schachzug, denn so erreichen sie ein weitaus größeres Publikum, als nur das schwedische. In ihrer Heimat haben sie sich einen achtbaren Ruf erspielt, international sind sie noch absolut unbekannt. Auch in Deutschland, das später neben Australien zu einem der wichtigsten Absatzmärkte des Quartetts werden wird, sind sie gänzlich unbekannt. So fällt auch nicht auf, dass bei ihrem ersten TV-Auftritt bei Ilja Richter in seiner Show „Disco“ statt der im achten Monat schwangeren Agnetha eine Freundin auf der Bühne steht. Kaum zwei Jahre später undenkbar, denn dann sind sie bereits auf dem Weg zu den erfolgreichsten Popbands aller Zeiten zu gehören.

Doch bis dahin bedarf es noch etwas Geduld, denn ihre erste Teilnahme am schwedischen Vorentscheid zum Grand Prix D’Eurovision im Jahr 1973 mit dem Titel „Ring Ring“ bring ihnen nur den dritten Platz ein. Da der Song aber dennoch international Erfolge erzielt, beschließen sie im nächsten Jahr erneut teilzunehmen. Eine vielversprechende Idee, denn 1974 gewinnen sie als Abba mit „Waterloo“ diesen wichtigen europäischen Songwettbewerb, der heute als ESC (Eurovision Song Contest) weit über Europa hinaus riesige Einschaltquoten im TV erzielt. Bereits im Vorfeld zum Grand Prix D’Eurovision wird europaweit die Werbetrommel für das zweite Album und die Single „Waterloo“ gerührt. ABBA, damals noch, um eventuelle Verwechslungen auszuschließen, mit der Ergänzung Björn & Benny, Agnetha & Anni-Frid im Namen, gewinnen mit großem Vorsprung den Wettbewerb und legen so den Grundstein zu einer Karriere, während der sie rund 400 Millionen Alben verkaufen werden und sie zu einer Art musikalischem Kulturgut weltweit werden lässt.

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Trennungen und Beginn der Pause

Jede Traumkarriere hat auch Schattenseiten, die auch die notwendigen, weltweiten Promotionreisen sein können. Zu jeder Veröffentlichung machen sich Abba auf, um überall auf der Erde, wo Interesse besteht, den Journalisten ihre Fragen zu beantworten und TV-Auftritte zu absolvieren. Hinzu kommen Tourneen, die, je nach Charakter der einzelnen Beteiligten, stressen oder Spaß machen. Wenn die Ehepartner dann auch noch 24 Stunden am Tag privat wie beruflich miteinander verbandelt sind, passiert das, was passieren muss: Es kommt zu Streitereien, Nervereien und Unstimmigkeiten. Zunächst passiert dies bei Agnetha und Björn, die sich 1978 in einer schweren Ehekrise befinden. Dies erschwert neben der privaten Situation auch das gemeinsame Arbeiten an neuer Musik.

Zwar wird versucht, die Eheprobleme nicht nach außen dringen zulassen, doch als Agnetha die gemeinsame Villa zusammen mit ihren Kindern verlässt, lässt es sich nicht mehr verheimlichen. Derweil heiraten Benny und Anni-Frid nach neun Jahren Verlobung, um sich bereits drei Jahre später wieder scheiden zu lassen. So harmonisch die beiden Paare zusammen gearbeitet haben, so hinderlich sind ihre jeweiligen Konflikte nun für die gemeinsame Karriere. Ihrem 1981er Erfolgsalbum „The Visitors“ wird zunächst kein weiteres Album folgen. Abba geben 1983 eine Pause, keine Auflösung der Formation, bekannt, von der sie seinerzeit selbst sagen, dass sie noch nicht wissen, wie lange sie andauern wird. Heute wissen wir, dass es 39 Jahre dauern wird, bis es neue Musik von ABBA gibt.

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Das Musikvideo von ABBA „I Still Have Faith In You“

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Voyage

Obwohl es immer mal wieder Angebote gibt, dass sich ABBA erneut zusammentun, geschieht dies nicht, obwohl, so heißt es, ein sehr reicher Fan gar eine Milliarde US-Dollar geboten hätte. Klar, am Geld wird es auch jetzt nicht liegen, dass ABBA nun doch ein, vermutlich letztes Album veröffentlicht haben und ihre Pause beenden. Es steht außer Frage, dass es erfolgreich sein wird, denn neben den Nostalgikern und den Menschen, die mit aktiven ABBA aufgewachsen sind, gibt es auch wieder Anhänger ihrer Musik, die deutlich jünger sind und noch nicht einmal geplant waren, als ABBA ihre Pause begannen. Einen großen Teil dazu dürften neben den beiden Filmen „Mamma Mia“, den Mutter-Töchter Filmen überhaupt, auch die ständige Medienpräsenz der Musik bis in die heutige Zeit beigetragen haben. Natürlich war die Musik von ABBA immer „Nur“ Popmusik, vorwiegend für Mädchen und homosexuelle Männer, aber, auch harte Kerle, die sonst auf Heavy Metal stehen, konnten und können sich für ABBA begeistern. Entsprechend groß ist das weltweite Interesse an „Voyage“. Um es vorwegzunehmen, es handelt sich um ein hochwertiges Popalbum, in einer Zeit, in der Musik oftmals nur als Wegwerfware für Streamingdienste ohne lange Halbwertzeit produziert wird. Qualität, hochwertige Kompositionen und Originalität bleiben meist auf der Strecke (ja, es gibt Ausnahmen). Genau bei diesen Faktoren setzen die zehn neuen ABBA-Stücke an.

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Die erste Single „I Still Have Faith In You“ ist musikalisch zeitlos und dabei so emotional, dass es auch bei dem einen oder anderen Mann für nostalgische Gefühle, vielleicht sogar Tränen sorgt. Das muss ein Song erst einmal schaffen. „Voyage“ bietet alles, was die Musik von Abba immer ausgemacht hat. „When You Dance With Me“ hat einen großen Anteil an schwedischem Folk in sich, „Little Things“ mit gefühlvollem Piano-Einstieg ist gar ein Weihnachtslied, „Don’t Shut Me Down“ erinnert vom Aufbau an „Thank You For The Music“, „Just A Notion“ stammt in den Grundzügen aus den Sessions zu „Voulez-Vous“ und klingt entsprechend nostalgisch, „I Can Be That Woman“ weckt Erinnerungen Roxettes „It Must Have Been Love“, während „Keep An Eye On Dan“ zum Disco-Fox im örtlichen Ü40-Tanzschuppen einlädt. „Bumble Bee“ getragen und poetisch mit einem langsam marschierendem Rhythmus, „No Doubt About It“ spiegelt den Abba-Sound im Stile von „Does Your Mother Know“ oder ähnlichen „Abgehnummern“ wider und das finale „Ode To Freedom“ lässt das Album symphonisch ausklingen.


Fazit

Ja, die Welt braucht dieses neue ABBA-Album, denn es zeigt, dass manche Dinge, eben wie die Musik von ABBA, unvergänglich sind. Wie auch auf den acht Alben davor, gibt es auf „Voyage“ Songs von Weltformat oder Füller, aber, immer klingen sie einfach nur wie ABBA und sind zu keiner Zeit peinlich. Irgendwie ist dieses Album ein wenig wie nach Hause kommen, nach Hause ins Elternhaus, in dem es noch so riecht wie während der Kindheit, in der das Jugendzimmer noch so aussieht wie damals und Mama das Lieblingsessen kocht. Für solche oder ähnliche Empfindungen wird dieses Album benötigt. Letztlich demontieren ABBA mit dem Album definitiv nicht ihr eigenes Denkmal, fügen ihrer Diskografie gar ein weiteres, recht gutes Album hinzu und haben deshalb alles richtig gemacht. Danke dafür.


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