Deep Purple – Überraschungsalbum “Turning To Crime” der Rocklegende

Nach dem weltweit erfolgreichen Deep Purple-Album „Whoosh!“ aus dem Jahr 2020 rechnete kein Fan damit, dass die vier Briten und der US-Amerikaner schon nach weniger als anderthalb Jahren ein weiteres Album veröffentlichen würden. Üblicherweise dauert es um die drei bis vier Jahre, wenn nicht länger, bis Deep Purple mit einem Album um die Ecke kommen. Entsprechend lässt sich „Turning To Crime“ als ein echtes Überraschungsalbum bezeichnen, was auch für die Musik gilt. Weitere interessante Rock-Storys gibt es hier zu lesen.

Alle Rockfans kennen Deep Purple

Über Deep Purple und ihre Karriere müssen nicht mehr sonderlich viele Worte geschrieben werden, schließlich erschufen sie das bekannteste und prägnanteste Gitarrenriff der Rockmusik in „Smoke On The Water“. Leider wird die Band aber oftmals nur darauf reduziert, besonders in den Mainstream-Medien. Dabei ist der Gitarrenlauf aus dem Jahr 1972 nun knapp 50 Jahre alt und Deep Purple haben seitdem weitere sechzehn, teilweise großartige Alben, in unterschiedlichen Besetzungen aufgenommen. Allein eine ausführliche Erläuterung zu den jemals bei Deep Purple musizierenden Mitgliedern würde den vorhandenen Platz sprengen.

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Nur soviel, dass die aktuelle Besetzung mit Sänger Ian Gillan, Bassist Roger Glover, Schlagzeuger Ian Paice, Gitarrist Steve Morse (dem einzigen Amerikaner in der Band) und Don Airey an den Keyboards, seit dem Ausstieg von Keyboarder Jon Lord (der bedauerlicherweise 2012 verstorben ist) immerhin seit 20 Jahren besteht. Somit ist es die über den längsten Zeitraum konstante Besetzung der Rocklegende. Gemeinsam haben sie seitdem fünf respektive mit „Turning To Crime“ sechs Alben veröffentlicht. Darunter „Whoosh“, das es in sechs Ländern, darunter auch Deutschland, auf Platz 1 der Charts geschafft hat. In Großbritannien gelang mit Platz 4 gar die höchste Charts-Positionierung seit 46 Jahren. Damals erreichten sie mit „Burn“ Platz 3 in England. Wie Deep Purple im Interview erzählen, reifte der Gedanke ein Coveralbum aufzunehmen schon seit vielen Jahren in ihnen, es mangelte nur an Zeit. Insofern kam ihnen die Zwangspause durch Covid-19 letztlich gelegen, wenn sie auch lieber auf Tournee gegangen wären, wie alle Bandmitglieder versichern.

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Coveralbum mit meist unbekannten Perlen

„Wir haben zunächst eine Liste von Songs zusammengetragen, die die einzelnen Bandmitglieder gerne covern würden“, erklärt Roger Glover. Klar, dass da viele unterschiedlich ausgerichtete Vorschläge kamen. So erklärt Steve Morse zu einem seiner Beiträge zur Liste: „Als junger Mensch sah ich Bob Seger bei einem Konzert in Atlanta. Ein Song, den Seger spielte, war „Lucifer“. Ich war völlig begeistert davon und habe ihn dann für das neue Album zunächst aus der Erinnerung nachgespielt“. Klar, dass, wenn Deep Purple etwas covern, sie sich nicht mit 08/15-Kompositionen zufriedengeben. Auf „Turning To Crime“ sind elf Coverversion und ein Medley zu hören, der größte Teil der Stücke alt oder unbekannt oder gar beides.

Der Titel zum Album kommt auch nicht von ungefähr, wie Ian Paice erläutert: „Coversongs aufzunehmen ist zwar nicht ganz neu für uns, aber nicht üblich. Ein komplettes Album schon gar nicht, insofern war es schon ein „kriminelles Vorhaben“ für uns. Zunächst fanden wir die Idee eher negativ, doch nach und nach wandelte sie sich in etwas Positives. So wurde unser ursprünglich kriminelles Handeln das Motto für das 22. Album.“ Passend dazu gab es ab August dieses Jahres eine entsprechend aufwendige und gleichermaßen geheimnisvolle Marketingkampagne. Eine Internetseite wurde freigeschaltet, auf der sogenannte Mugshots, also Bilder, die bei Verhaftungen von Verdächtigen aufgenommen werden, der Bandmitglieder veröffentlicht wurden. Es begann ein großes Rätselraten, das seine Auflösung Ende November in der Veröffentlichung von „Turning To Crime“ fand.

“Oh Well” – Video aus dem Album „Turning To Crime“

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Die Originale

Wie erwähnt, handelt es sich bei den ausgewählten Stücken um eher weniger bekannte Kompositionen. Deshalb habe ich mich, sofern möglich, mit den Originalen beschäftigt. Da wäre zunächst „7 And 7 Is“ von Albert Lee und der Band Love aus dem Jahr 1966. Diese Garagen Rocknummer wurde bereits zuvor oftmals gecovert, u.a. von Alice Cooper und Robert Plant, und gehört damit zu den bekannteren Werken auf dem Album. Das namentlich etwas sperrige „Rockin’ Pneumonia And The Boogie Woogie Flu“ stammt aus dem Jahr 1957 und wurde von Huey „Piano“ Smith, einem legendären amerikanischen Rhythm & Blues-Musiker komponiert und veröffentlicht. „Oh Well“ hingegen stammt von Peter Green, der den Song dann mit Fleedwood Mac im Jahr 1969 herausbrachte.

Weitaus älter und eigentlich auf einem Song aus dem Jahr 1925(!) basierend ist „Jenny Take A Ride“. Es wurde von einem gewissen Richard Wayne Penniman, bekannter unter dem Namen Little Richard, bearbeitet und dann erstmalig 1957 veröffentlicht. Bob Dylan hat „Watching The River Flow“ komponiert, während „Let The Good Times Roll“ 1956 erschien und durch das Duo Shirley and Lee bekannt wurde. Es ist später in den Filmen „Apocalypse Now“ und „Stand By Me“ zum Einsatz gekommen und entsprechend bekannt. „Dixie Chicken“ dürfte älteren Rockfans durch die Band Little Feat bekannt sein. Mit „Shapes Of Things“ geht es zurück ins Jahr 1966, als die Yardbirds damit Erfolge feierten. Bekannt wurde auch die hart rockende Coverversion von Gary Moore aus dem Jahr 1983 vom Album „Victims Of The Future“. Die aus dem Jahr 1959 stammende Komposition „The Battle Of New Orleans“ und von Jimmi Driftwood interpretiert, dürfte so ziemlich jeder schon Mal in der einen oder anderen Version gehört haben. Dann wären da noch „Lucifer“ von Bob Seger und das wohl bekannteste Stück des Albums „White Room“, das Eric Clapton, Jack Bruce und Ginger Baker 1968 unter dem Bandnamen Cream zu weltweiten Erfolgen verhalf.

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Turning To Crime

Natürlich muss die Frage erlaubt sein, ob die Musikwelt nun auch noch ein Cover-Album von Deep Purple benötigt. Ja, lautet die eindeutige Antwort, denn, anders als bei vielen Cover-Alben wurde eine Auswahl getroffen, die ihresgleichen sucht. Sie wurde mit Liebe und der Freude an Musik zusammengestellt. Dabei schielt „Turning To Crime“ zu keiner Zeit darauf, dass der Ruhm, den die gewählten Songs einst hatten, nun auch ein wenig auf Deep Purple strahlt. Einerseits, weil die gewählten Kompositionen keine „Gassenhauer“ waren, die auch heute noch in jeder Radiosendung dudeln, andererseits, weil es die Band so gar nicht nötig hat, darauf zu zielen. Oft genug wurden ihre eigenen Stücke bis zur Unerträglichkeit gecovert.

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Um nicht Gefahr zu laufen, dass die ausgewählten Lieder womöglich wie lustlos gespielt wirken, haben die Musiker zwar die ursprüngliche Form des Songs beibehalten, sie aber dabei in den bandeigenen Sound verwandelt. Manch ein Song klingt tatsächlich so, als wäre es eine vergessene, alte Purple-Nummer, die hier zu hören ist. Das liegt auch daran, dass Deep Purple mit einer klassischen Bandbesetzung am Start sind, was perfekt in den musikalischen Kontext passt. Man höre nur das großartige Pianospiel in „Rockin’ Pneumonia And The Boogie Woogie Flu“, in dem ganz kurz sogar „Smoke On The Water“ zitiert wird. Oder Roger Glovers Bassläufe in „Oh Well“, zu denen dann nacheinander der Rest der Band einsetzt. Es wirkt als hätte Peter Green diesen Song für die Hardrocker komponiert. „Shapes Of Things“ bewegt sich irgendwo zwischen dem Original und der Gary Moore-Version und verleiht dem Klassiker erneut eine Besonderheit. „The Battle Of New Orleans“ lebt von der Fiddle und der besonderen Instrumentierung.

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Fazit

„Turning To Crime“ ist ein Coveralbum der besseren Art, denn in allen Songs haben Deep Purple sich vor den Originalen verneigt, sie an ihren Sound angepasst und so mit Kompositionen aus verschiedenen Dekaden ein, in sich stimmiges Album geschaffen, das eben wie ein „echtes“ Deep Purple-Album klingt.
Jürgen Will


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