Musikreview: „IV“ von Naxatras
Naxatras – Traumreise in die Vergangenheit
Zum mittlerweile vierten Mal bereichern uns die aus Griechenland stammende Psychedelic Rock-Band mit einem neuen Album – diesmal mit ihrem bisher ambitioniertesten. Ein Werk, das vermuten lässt, dass die musikalische Reise von Naxatras gerade erst angefangen hat. Weitere interessante Rock-Storys gibt es hier zu lesen.
Interpret | Naxatras |
Album | IV |
Veröffentlichung | 25. Februar 2022 |
Genre | Psychedelic Rock, Progressive Rock |
Label | Stickman Records |
Tracks | 10 |
Bewertung der Redaktion | 8/10 |
Spieldauer | 51 Min |
Auf zu neuen Ufern
Der vierte Langspieler der Band ist eine Loslösung vom gewohnten Sound – jedoch ohne dabei ihre ursprüngliche Identität zu verlieren. Während sie auf dem 2015er Debüt noch stark vom Stoner Rock geprägt waren, konzentrieren sich Naxatras nun viel mehr auf einen älter klingenden und irgendwie erwachseneren Psychedelic-Sound. Das liegt vor allem am Zuwachs: Mit Pantelis Kargas ist jetzt ein Keyboarder mit an Bord. Und der verändert den Sound erheblich! Statt bluesige, Riff-orientierte Songs zu jammen, legt die Band bei „IV“ den Fokus viel mehr auf die tatsächliche Komposition. Die Strukturen sind vielschichtig und oftmals kompliziert. Außerdem ist die Gitarre dank des zusätzlichen Instruments nun freier – mehr Solos und Harmonien sind das Resultat.
Natürlich entstehen durch die Tasten aber auch jede Menge neue Sounds: Ob klassisches Klaviergeklimper, wie auf dem Opener ‘Reflection (Birth)’, oder spacige Synthesizerklänge wie auf ‘Journey To Narahmon’, die Jungs holen alles aus dem Instrument heraus. Die neugewonnene Experimentierfreudigkeit, die schon die Vorbilder der Band ausmachte, lässt sich stark auf der Platte heraushören.
Einflüsse aus Prog und Kraut Rock waren zwar schon in den bisherigen Veröffentlichungen herauszuhören, aber noch nie so deutlich wie hier. Wie gewohnt ist das meiste Material instrumental, und nur auf wenigen Songs ist die Stimme von John Delias, der auch die Gitarre übernimmt, zu hören. Gerade dann fällt dem aufmerksamen Hörer auf, wie weit sie sich zeitlich bei ihren Inspirationsquellen zurückorientieren: ‘The Answer’ und ‘Ride With Time’ könnten mit ihrem verträumten Gitarrenspiel und Delias‘ melancholischem Gesang direkt der B-Seite von Pink Floyds Meisterwerk „Wish You Were Here“ stammen. Außerhalb von solchen Prog-Epen bleibt der Gesang abwesend – abgesehen von dem hin und wieder eingestreuten psychedelischen Gemurmel oder etwas fernöstlich anmutendem Frauengesang.
“Omega Madness” -Video aus dem Album „IV“
Ein Werk zum Verlieren
Aber neben Pink Floyd standen offenbar auch weitere Prog-Größen wie Eloy oder Steven Wilson Modell. Die Handschrift der Erstgenannten ist besonders in der Rhythmus-Arbeit auf „IV“ zu erkennen: Eingängige, sehr präsente Basslines, die perfekt mit dem für Prog ungewöhnlich harten Drum-Sound harmonieren. Dazu orientalische Melodien und ein über dem gesamten Album hängender Hauch Esoterik – die deutschen Kraut Rock-Urväter wären stolz. Wilson hingegen war wohl offenbar gerade beim Songwriting eine Inspiration. Wie bei seinen Kompositionen, wirken die von “IV” allesamt durchdacht, und jeder Song fühlt sich frisch und unerwartet an.
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Das führt auch zu dem einzigen, fairerweise sehr kleinen, Kritikpunkt an Naxatras neuem Werk: die Songs stehen so sehr für sich selbst, dass nicht ganz der Flow der Vorgänger-Alben erreicht wird. Manche Lieder haben einfach zu wenig Zeit sich zu entfalten, und wirken, als wären sie auf der Platte nur kurz angeschnitten. Vielleicht wäre eine Doppel-LP in diesem Fall eine bessere Idee gewesen, um die musikalischen Geschichten ganz erzählen zu können. Nichtsdestotrotz ist “IV” ein wunderbares Stück Musik, das sich lohnt mehrmals zu hören. Bei jedem Durchgang entdeckt man mehr Details, und verliert sich tiefer in der von Naxatras geschaffenen Welt. Und es macht definitiv neugierig, wie die musikalische Reise der Band weitergeht – und, ob sie sich noch mehr weiterentwickeln können.