Musikreview: „Diamond Star Halos“ von Def Leppard.

Def Leppard – Mega-Seller der 80er mit elftem Album

Würden wir mit einer Zeitmaschine, vielleicht mit der TARDIS von Doctor Who, ins Jahr 1987 zurückreisen und das Radio einschalten, so kämen wir wohl kaum an der Musik von Def Leppard vorbei. Schließlich verkaufte das Album »Hysteria« seinerzeit mehr als 25 Millionen Einheiten, führte die englischen und amerikanischen Albumcharts wochenlang an und die sieben bis 1989 ausgekoppelten Lieder platzierten sich alle in den Charts. Bis auf ‚Women‘ erreichten sie durchweg die Top 20 der amerikanischen Single-Charts. Nun erschien mit »Diamond Star Halos« Album Nummer Elf der Briten. Weitere interessante Metal-Storys gibt es hier zu lesen.

InterpretDef Leppard
AlbumDiamond Star Halos
Veröffentlichung27.05.2022
GenreHard Rock, Poprock
LabelUniversal Music
Tracks15
Bewertung der Redaktion9/10
Spieldauer61:13 Min

Rock aus der Stahlarbeiterstadt

Sheffield, eine Stadt, die Ende der 1970-er Jahre aufgrund der Schließung viele Stahlwerke von Arbeitslosigkeit geprägt ist, wird zur Keimzelle für eine der erfolgreichsten Rockbands aller Zeiten. Doch bis dahin ist es ein langer und steiniger Weg. Zunächst existiert die Band der tauben Leoparden nur in der Fantasie eines Jugendlichen namens Joe Elliott, der sich während langweiliger Unterrichtsstunden fiktive Kritiken zu seiner fiktiven Band ausdenkt.

Im Jahr 1977 entscheidet Elliott den Posten in der Schulband Atomic Mass anzunehmen. Die Kapelle verschreibt sich, neben den gängigen Coverversionen aktueller Rocksongs, zunächst dem New Wave of British Heavy Metal, eine Musikrichtung, die gerade als Kontrast zum Punk im Entstehen ist und zu der Bands wie Saxon oder Iron Maiden zählen. Außer Elliot ist das einzige bis heute verbliebene Bandmitglied Bassist Rick Savage dabei. Es folgen die üblichen Wechsel einer Nachwuchsband und so kommt Gitarrist Steve Clark 1978 dazu, der bis zu seinem Tod am 8. Januar 1991 dabei bleiben wird. Um die Zeit stößt auch Schlagzeuger Rick Allen dazu, dessen Leben sich 1984 einschneidend ändern wird.

Erfolgreiche selbst produzierte EP

Doch zuvor sorgt eine selbst produzierte EP für große Aufmerksamkeit und verkauft sich, auch aufgrund von Berichten in britischen Musikmagazinen, letztlich unglaubliche 24.000 Mal. Die mittlerweile als Def Leppard agierende Band bekommt einen ersten Plattenvertrag und darf mit Sammy Hagar und später AC/DC auf Tournee gehen. Der AC/DC-Manager Peter Mensch ist von der Musik der Briten so angetan, dass er sich fortan auch um ihre Geschicke kümmert.

Die beiden ersten Alben, »On Through The Night« (1980) und »High’n’Dry« (1981) schaffen es bis in die oberen Drittel der amerikanischen und britischen Hitlisten. Im Jahr 1982 steigt als weiterer Gitarrist Phil Collen ein, der zehn Jahre später von Dio-Gitarrist Vivian Campbell ersetzt werden wird. Doch nun steht erst einmal die Besetzung, die Musikgeschichte schreiben wird.

Entscheidendes drittes Album

In der Musikbranche gilt die ungeschriebene Regel, dass das dritte Album über Top oder Flop entscheiden wird. Bei Def Leppard weist der Weg des dritten Albums »Pyromania«, das sich knapp 11 Millionen Male verkauft, in Richtung ganz weit nach oben. Erneut übernimmt Robert „Mutt“ Lange, der zuvor erfolgreiche Alben von AC/DC und Foreigners »4« und später dann auch Alben von Bryan Adams produzierte, die Produktion. Seine Handschrift ist auf »Pyromania« klar zu erkennen, denn vom härteren NWoBHM-Sound ist nicht mehr ganz viel übrig und Def Leppard bewegen sich stark in den Mainstream-Rock-Bereich.

Einerseits meint das Schicksal es gut mit der Band, andererseits schlägt es erbarmungslos in Form eines schweren Autounfalls zu, bei dem Schlagzeuger Rick Allen seinen linken Arm ab der Schulter einbüßt. Obwohl sich die Rockwelt sicher ist, dass es das Ende seiner Karriere als Drummer sein würde, spielt er auch heute noch, mit einem speziell für ihn entwickelten Drumkit bei Def Leppard.

Bestverkauftes Album seiner Zeit

Die nächste und erfolgreichste Veröffentlichung ist das bereits oben erwähnte »Hysteria« und stellt den Höhepunkt der Bandkarriere dar. Zwar liefern sie weitere Hits ab, veröffentlichen ansprechende Alben, doch die Erfolgskurve neigt sich nach unten. Es folgen Besetzungswechsel und der Abstieg in mittlere Sphären der Rockwelt, in der sie aber bis heute mit Liveauftritten und Albumveröffentlichungen aktiv sind.

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»Diamond Star Halos« – Review der einzelnen Songs

Würde man von der anfangs erwähnten Reise mit der Zeitmaschine aus den 1980er-Jahren in die Gegenwart zurückkehren und womöglich Def Leppard-Fans als Begleiter mitbringen, würden sie sich stark wundern, was aus der einst so erfolgreichen Band wurde. Denn anders als damals ist vielen Rockfans der Name nicht geläufig und sie werden eher unter Oldieband geführt. Doch, egal in welche Schublade man sie steckt, es lässt sich nicht leugnen, dass sie noch immer starke Songs am Start haben und aktuell mit einem echt gelungenen Rockalbum um die Ecke kommen, das eindeutig ihre Markenzeichen trägt.

»Diamond Star Halos« startet mit ‘Take What You Want’ zunächst etwas verhalten, doch die Nummer kommt spätestens, wenn das typische Gitarrenspiel einsetzt, auf Touren. Gesanglich erinnert Joe Elliot ein wenig an Bryan Holland von The Offspring. Aber keine Angst, direkt beim folgenden ‘The Kick’ liefern Def Leppard eine lupenreine Rocknummer, die klanglich Anleihen an den 70er-Jahre Sound mit Bryan Adams-Attitüde vermischt. Dabei ist der Refrain extrem eingängig.

‘Fire It Up’ kommt mit einem bandtypischen Aufbau im positiven Sinne daher, bevor mit ‘This Guitar’ beinahe Country-eske Klänge angeschlagen werden. Anschließend rockt der Fünfer mit ‘SOS Emergency’ wie zu besten »Pyromania«-Zeiten. ‘Liquid Dust’ steigt mit harten Gitarrenriffs ein und wird dann zum Midtempohammer mit Mitsing-Refrain. Ein wenig experimentell erklingt zunächst ‘U Rok Mi’, das durchgängig groovt.

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Balladesk mit Streichereinsätzen erklingt ‘Goodbye For Good This Time’ und setzt ein sehr ruhiges musikalisches Zeichen. Typisch treibend im Def Leppard-Radiostil kommt ‘All We Need’ daher, das sofort mit dem eingängigen Refrain punktet. ‘Open Your Eyes’ wirkt erneut, als hätten sich die Briten und der Kanadier Adams zusammengetan, um mal so richtig poppig zu klingen. Der Rocker ‘Gimme A Kiss’ wäre in den glorreichen Jahren der Band garantiert ein Tophit geworden.

Schön verträumt hingegen ist ‘Angel Can’t Help You Now’ angelegt und würde live sicherlich zu einem Meer aus Feuerzeugen führen, wobei diese ja heute durch Smartphone-Leuchten ersetzt werden. Dann doch etwas zu viel der ruhigen Klänge ist in meinen Ohren ‘Lifeless’, das eher zu den Füllern des Albums zählt. Unbedingt positiv erwähnt seien aber abschließend noch das nach vorne rockende ‘Unbreakable’ und das erneut ruhiger angelegte ‘From Here To Eternity’, die beide in den 80er-Jahren zu Klassikern geworden wären.

Zusammenfassung

Natürlich liefern die Briten anno 2022 kein zweites »Hysteria« ab, was aber auch eine völlig utopische Erwartung wäre. Grundsätzlich bewegen sich aber alle Lieder auf hohem Niveau, wobei drei bis vier Stücke weniger, auch okay gewesen wären, denn so gibt es leider doch ein paar Füller, vorrangig der ruhigen Sorte. Ohne alte Alben als Vergleich zu sehen und es als eigenständiges Stück Musik, erschienen im Jahr 2022 zu bewerten, ist es ein gutes Rockalbum. Wollte man es mit „Hysteria“ oder „Pyromania“ vergleichen, was ich hier nicht mache, würde es schlecht abschneiden.


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