Musikreview: „Universal“ von Michael Schenker Group
Michael Schenker Group – Gitarrenheld mit neuem Album
Bereits in jungen Jahren gilt er als Wunderkind an der Gitarre: Michael Schenker, der jüngere Bruder des Scorpions-Gitarristen Rudolf Schenker. Er hat eine wechselhafte Karriere hinter sich, geprägt von Erfolgen, aber auch von Drogensucht und Misserfolgen. So spielte er mit unzähligen berühmten Musikern zusammen und hatte mehrere eigene Formationen am Start. Nun wurde seiner Diskografie mit »Universal« ein weiteres Studiowerk hinzugefügt. Weitere interessante Metal-Storys gibt es hier zu lesen.
Interpret | Michael Schenker Group |
Album | Universal |
Veröffentlichung | 27.05.2022 |
Genre | Hard Rock, melodiöser Metal |
Label | Atomic Fire Records / Warner |
Tracks | 11 |
Bewertung der Redaktion | 8,5/10 |
Spieldauer | 43:28 Min |
Der kleine Bruder spielt Gitarre
Man kennt das ja, wenn man einem Hobby mit seinen Kumpels oder Freunden nachgeht und einen jüngeren Bruder hat, dann will er unbedingt auch dabei sein. So ähnlich könnte es gewesen sein, als Michael, der rund sieben Jahre jüngere Bruder von Rudolf Schenker im Jahr 1971 bei der aufstrebenden Band The Scorpions mitmachen darf. Er ist ein Könner an der Gitarre und dürfte bereits in jungen Jahren seinen älteren Bruder an die Wand gespielt haben. Doch zunächst spielt er in der Band seines Bruders, mit der er in England als Vorprogramm für UFO auf Tournee geht. Als eines Abends der etatmäßige Gitarrist Bernie Marsden nicht auftreten kann, fragen Phil Mogg und seine Kollegen Michael Schenker als Ersatzmann an.
Aus diesem Vertretungsjob wird zunächst eine Festanstellung über fünf Jahre und fünf Alben, die den jungen Gitarristen auch mehrfach um die Welt führen. Im Laufe seiner Karriere wird Michael noch dreimal zu UFO zurückkehren. Doch nachdem er bei den Briten ausgestiegen ist, heuert er erneut bei den Scorpions, die vorwiegend in Japan und USA sehr erfolgreich sind, an. Er wirkt an der Produktion von »Lovedrive« mit, wird aber schneller wieder aus der Band geworfen, als ihm lieb sein kann. Grund dafür sind Drogen und Alkoholexzesse, die auch schon bei UFO für Probleme sorgten.
Band unter eigenem Namen
Kurzerhand gründet der aus der Nähe von Hannover stammende Gitarrist 1980 seine erste eigene Formation mit dem Namen Michael Schenker Group, kurz MSG. Aufgrund seines in der Rockszene anerkannten Talents, gelingt es ihm schnell, passende Musiker zu rekrutieren. Neben seinem typischen Gitarrenspiel, auf das sich später weltberühmte Gitarristen wie Eddie Van Halen oder Metallicas Kirk Hammett als Inspiration beziehen, zieht sich ein reger Personalwechsel durch die Laufbahn von MSG.
Viele erfolgreiche Sänger wie Graham Bonnett oder Gary Barden übernehmen das Mikrofon. Als Far Corperation-Sänger Robin McAuley der Truppe beitritt, wird gar die Band in McAuley Schenker Group umbenannt. Aber auch berühmte Instrumentalisten wie Schlagzeuger Cozy Powell oder Bassist Jeff Pilson, um nur zwei der unzähligen Musiker zu nennen, die im Laufe der Jahrzehnte den Gitarristen begleiteten, schließen sich Schenker an.
Nein zu Drogen, Ja zu begeisternder Musik
Auch unter seinem eigenen Namen wechseln sich Erfolge und Misserfolge ab, besonders, da er weiterhin stark drogensüchtig ist. Doch irgendwann zu Beginn des neuen Jahrtausends bekommt Schenker die Kurve und läuft auch ohne Substanzen jeglicher Art zur Höchstform auf. Es gipfelt in seiner neuen Truppe Schenkers Temple Of Rock, bei der ex-Scorpions Basser Francis Buchholz und ebenfalls einstiges Mitglied bei den Stacheltieren Drummer Herman Rarebell am Start sind. Seine Alben setzt er zusammen mit dem Produzenten, Sänger und Gitarristen Michael Voss um. Gemeinsam entstehen herausragende Alben.
Zwischenzeitlich nennt sich Schenkers Band Michael Schenker Fest und dabei setzen die beiden Michaels auf diverse Sänger, die unterschiedliche Songs auf den Alben singen. Auch dieses Konzept wird weltweit erfolgreich. Aktuell firmiert Schenker wieder unter dem Namen MSG und setzt auf eine feste Besetzung mit Ronnie Romero am Gesang, der auch auf dem neuesten Studiowerk »Universal« vorrangig singt.
»Universal« – Review der einzelnen Songs
Auf eine Sache kann man sich bei Michael Schenker immer verlassen, nämlich sein begeisterndes Gitarrenspiel. Dieses setzt er immer song-dienlich auf seinen Veröffentlichungen ein. Schenker ist eindeutig kein sich selbst abfeiernder Gitarrenfrickler wie ein Yngwie Malmsteen beispielsweise, der oftmals dermaßen auf seine Gitarre herum fiedelt, dass es nur Fans besonderer Spieltechniken begeistern kann. Natürlich zeichnen sich alle Kompositionen auf »Universal« durch das markante Gitarrenspiel und begeisternde Soloteile aus, doch der Rockfan wird nicht damit überfrachtet und bekommt großartige Songs zu hören.
Es beginnt mit dem treibenden ‘Emergency’, das auch auf dem 1982er-Album »Assault Attack« perfekt gepasst hätte. Stilistisch orientiert sich MSG also an MSG, gewissermaßen an dem Sound, der die Band bekannt machte. Ronnie Romeros Stimme ist eine gute Wahl, passt sie doch ideal zu Schenker Gitarrenspiel. Treibend, im Midtempobereich, bewegt sich »Under Attack«, mit eingängigem Refrain.
Als mystischen Zwischenspiel erklingt das 30-sekündige »Calling Baal« das in das, per Schlagzeug eingeleitete, »A King Has Gone« übergeht. Besonderheit ist hier der Gesang von Helloween-Shouter Michael Kiske, der Erinnerungen an Rainbows ‘Tarot Woman’, damals von Ronnie James Dio gesungen, weckt. Passend dazu sind die ex-Rainbow-Mitglieder Keyboarder Tony Carey, Bassist Bob Daisley und Schlagzeuger Bobby Rondinelli, der aktuell bei Axel Rudi Pell trommelt, am Start.
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Im etwas langsamerer angelegten ‘The Universe’ teilen sich Ronnie Romero und ex-Rainbow/MSG-Shouter Gary Barden den Gesang und erschaffen einen zukünftigen Klassiker. Treibend voran, mit leichter AC/DC-Gitarrenanleihe im Hintergrund geht ‘Long Long Road’. Wer bei ‘Wrecking Ball’ an Miley Cyrus und ihren Ritt auf der Abrissbirne denkt und sich schütteln muss, der sollte sich diesen Song gleichen Namens geben. Rockig, metallisch mit Primal Fear-Frontmann Ralf Scheepers am Gesang wird der grausame Namensvetter der Cyrus musikalisch ausgeknockt.
Wenn schon metallisch, dann einfach weitermachen, scheint sich Schenker gedacht haben und schiebt mit ‘Yesterday Is Dead’ noch eine Nummer dieser Art nach. ‘London Calling’ ist ein weiterer Kandidat, der sich ideal in die MSG-Werke der Achtziger eingepasst hätte. Ein wenig getragener, kommt ‘Sad Is The Song’ daher, der von Schenkers ganz speziellem Gitarrensound vorangetrieben wird. Zum Abschluss darf Schlagzeuger Bodo Schopf in ‘Au Revoir’ die Doublebass-Drum bemühen und die Geschwindigkeit kurz vor Feierabend erhöhen.
Zusammenfassung
Richtig schlechte Alben von Michael Schenker gibt es nicht, wohl das eine oder andere durchwachsene. Allerdings gehört »Universal« eindeutig zu den richtig guten Veröffentlichungen von MSG und kommt in der Tradition von »MSG«, »Assault Attack« und »Build To Destroy« daher. So bekommt der Fan ein tolles Spätwerk mit dem Spirit der 1980er-Jahre geliefert, das ihn absolut zufriedenstellen dürfte.