Musikreview: „Rock Believer“ von Scorpions
Scorpions – Neues Album im 80er-Sound
Sie sind die weltweit erfolgreichste Band aus Deutschland und haben über 110 Millionen Tonträger verkauft. Ihre Historie weist bis dato 18 Studioalben auf und nun kommt mit „Rock Believer“ (25.02.2022) das 19. hinzu. Es ist ein wenig wie eine Reise in die musikalische Bestzeit der Band, Anfang bis Mitte der 1980-er Jahre. Weitere interessante Rock-Storys gibt es hier zu lesen.
Interpret | Scorpions |
Album | Rock Believer |
Veröffentlichung | 25.02.2022 |
Genre | Hardrock, Heavy Metal |
Label | Vertigo / BMG |
Tracks | 11 |
Bewertung der Redaktion | 10/10 |
Spieldauer | 44:49 Min |
Von Hannover aus zum Weltruhm
Eigentlich ist es unnötig, die Band aus dem Großraum Hannover noch vorzustellen, denn wer sie nicht kennt, an dem sind über 50 Jahre Rockgeschichte vorbeigegangen. Doch im Mainstream, vorwiegend in Deutschland, werden sie oft nur mit ihrer Ballade „Wind Of Change“ in Verbindung gebracht und „echte“ harte Rocker lächeln über sie. Dabei sind sie im Rest der Welt als harte Rockband bekannt. Lange, bevor die Mauer fiel, haben sie weltweit eine riesige Fanschar aufgebaut und sind als großartiger Live-Act bekannt. Seit 1979 platzieren sich ihre Alben in den Album-Charts und sie sammeln Gold- und Platinauszeichnungen, wie andere Menschen Briefmarken. Ab 1982 erreichen alle elf Studioalben die deutschen Top Ten, 1990 mit „Crazy World“ die Spitze der Charts und in Deutschland Doppel-Platin und ungezählte weitere Edelmetall-Auszeichnungen in der ganzen Welt. Stilistisch wagen sie, besonders in den späten 1990er-Jahren, als der Grunge die Musikwelt regiert, einige interessante Ausflüge, die aber bei den Fans nur bedingt ankommen.
Die letzten beiden Alben „Sting In The Tail“ (2010) und „Return To Forever“ (2015) orientieren sich dann wieder mehr am Sound der späten 1970er und frühen 1980er-Jahre, aber dennoch fehlt noch etwas Scorpions-DNA der genannten Zeit. Live bespielen sie über all die Jahrzehnte die weltweit größten Bühnen und geben ausverkaufte Stadion-Konzerte. Nun, nach sieben Jahren, melden sie sich mit einem echten Rock-Brett namens „Rock Believer“ zurück. Es ist komplett Balladen frei, gefüllt mit abwechslungsreichen Rocknummern und die Band ist bereit, noch einmal in ihrem speziellen Sound durchzustarten.
“Rock Believer” -Video aus dem Album „Rock Believer“
Rock Believer
Bereits beim Intro zum Eröffnungssong „Gas In The Tank“ ist das Feeling wieder da, das von Alben wie „Lovedrive“, „Animal Magnetism“, „Blackout“ und nicht zuletzt „Love At First Sting“ ausging. Eine im positiven Sinne typische Schenker-Komposition ertönt und Klaus Meines Stimme setzt genau so ein, wie es der Fan erwartet. „Roots In My Boots“ weckt Erinnerungen an „Blackout“, ein Schrei, treibende Gitarre, exakt so muss eine Rocknummer der Stacheltiere klingen. Getragen der Start in „Knock ’em Dead“, dann Gitarreneinstieg und man ist kurz versucht „Big City Nights“ anzustimmen, doch das musikalische Zitat führt in eine im Midtempo gehaltenen Song, der absolut eigenständig rockt. Ja, es finden sich versteckte Anleihen an frühere Großtaten beinahe in jedem Song, doch dennoch wird hier frisch und voller Spielfreude darauf los gerockt, ohne sich selbst zu kopieren. Der Titeltrack startet mit einem rockigen Gitarrenspiel bis zu dem Punkt, an dem Klaus’ Gesang beginnt. Dieser ist etwas ruhiger angelegt und beweist, dass Klaus Meine auch heute noch zu den ganz großen Rocksängern gehört.
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Auf „Lovedrive“ (1979) befindet sich mit „Is There Anybody There“ eine Nummer, die mit Reggae-Elementen unterlegt ist, was sich nun (endlich) bei „Shining Of Your Soul“ wiederholt. Dabei kommt der Song leicht angereichert mit psychedelischen Elementen daher, wie sie zu Beginn der Karriere des Öfteren bei Scorpions zu hören waren. Absolutes Highlight für Fans von bombastisch und mystisch angelegten Songs á la „Animal Magnetism“ ist „Seventh Sun“. Der, wie dereinst üblich, spielt mit dem Stereo-Effekt und die Gitarrenklänge ertönen im Wechsel von links oder rechts, während die Stimme in der Mitte darüber liegt. Magie und Nostalgie pur. Nach vorne geht es dann wieder mit „Hot And Cold“, „When I Lay My Bones To Rest“ und „Peace Maker“. Erneut im Midtempo gehalten ist das sehr eingängige „Call Of The Wild“. Den Abschluss der Standard-Edition bildet das knapp an einer Ballade vorbei geschrammte „When You Know (Where You Come From)“.
Die Scorpions liefern mit „Rock Believer“ ihr bestes Album der letzten 30 Jahre ab, das sich problemlos in die Reihe der oben angeführten Alben einfügt und Fanherzen vor Freude überquellen lässt.