Musikreview: „This Shame Should Not Be Mine“ von Gggolddd
Gggolddd – Harter Tobak in wunderschönem Gewand
Die Niederländische Post Metal-Band Gggolddd veröffentlichen mit „This Shame Should Not Be Mine” ein schmerzhaft persönliches Album. Es ist ein absolutes Ausnahmewerk – Musikalisch wie auch lyrisch. Weitere interessante Rock-Storys gibt es hier zu lesen.
Interpret | Gggolddd |
Album | This Shame Sould Not Be Mine |
Veröffentlichung | 1. April 2022 |
Genre | Post Metal |
Label | Artoffact Records |
Tracks | 10 |
Bewertung der Redaktion | 9/10 |
Spieldauer | 43 Min |
Traumabewältigung
Zuallererst muss auf den Elefanten im Raum eingegangen werden. Warum heißen die vormals nur als Gold bekannten Niederländer um Frontfrau Milena Eva auf einmal Gggolddd? Die Antwort ist schockierend simpel: Der alte Name war schlicht und einfach zu generisch, und machte es schwer, die Band etwa Online zu finden. Das sollte mit dem neuen, leicht bescheuerten Namen kein Problem mehr sein. Eine tiefere Bedeutung sucht man bei diesem ansonsten vergeblich.
Dafür hat der gesamte Rest Bedeutung. Im Grunde war „This Shame Should Not Be Mine” eine Art Auftragsarbeit. 2021 beauftragte das prestigeträchtige Roadburn Festival, das jährlich in der niederländischen Stadt Tilburg stattfindet, die Band, Songs speziell für ihren Auftritt auf dem Festival zu schreiben. Es war ein besonderer Auftritt, nicht nur weil das Festival komplett onlone stattfand, sondern auch weil Gggolddds Auftritt so überwältigend war. Ihr Auftritt wurde das meistgesehen Video des Festivals, und die Band entschloss sich schließlich ins Studio zu gehen, um das Album einem größeren Publikum zugänglich zu machen.
Ein mutiger Schritt, wenn bedenkt, worum es in den Songs geht. Sängerin Milena verarbeitet in den Texten und in der Musik sexuellen Missbrauch, der ihr während ihrer Jugend zugestoßen ist. Ein Trauma, dass sie Jahrelang von sich gestoßen und verdrängt hat, während der Ruhe der Corona-Lockdowns allerdings wieder zu ihr zurückkehrte. „This Shame Should Not Be Mine“ ist eine Aufarbeitung ihrer eigenen Gefühle hinsichtlich zu diesem grausamen Ereignis – eine Meditation darüber, wie sie mit Selbstzweifel, Wut, und Ekel fertig werden kann. Es ist klar, dass Gggolddd nicht einfach eine Rock‘n‘ Roll-Band sind, die Musik als Soundtrack für den Alltag produzieren. Ihre Musik bewegt sich auf einer viel emotionaleren Ebene, die einen schwer wieder loslässt. Wenn Milena in ‘Spring’ in ruhigen, eindringlichen Tönen die Zeilen „I wanna shower till my skin comes off“ singt, bekommt man beim Zuhören eine Gänsehaut. Und zwar keine von der wohligen Sorte.
Die Klangwelle
So bedrückend intensiv wie die Texte gestaltet sich auch die Musik des Albums. Mit „This Shame Should Not Be Mine“ führen Gggolddd ihren musikalischen Wandel fort, und entfernen sich noch weiter von ihrem bisherigen metallischen Sound. Die elektronischen, an britischen Trip Hop angelehnten Synthesizer-Klänge sind auf dem neuen Werk präsenter als je zuvor. Diese harmonieren aber perfekt mit den Post-Rock-Gitarrensounds und dem rumpelnden Schlagzeug. Es entsteht eine Traumartige, düster-schöne und gleichzeitig bedrohliche Atmosphäre. Milenas zarte Stimme verstärkt diesen Effekt zusätzlich.
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Der wabernde Sound fängt meist in einem ruhigen Tempo auf, um sich schließlich in einem furiosen Finale zu entladen. Mal passiert das wie auf dem genialen Stück ‘Strawberry Supper’ auf eine sehr subtile, fast schmerzhaft unaufgeregte Art. In anderen Songs, wie etwa ‘Like Magic’ oder ‘Notes On How To Trust’ bricht die ganze Gewalt der Musik über den Hörer wie eine akustische Welle. Dann gibt es aber noch Material, dass wirklich meilenweit von den gewohnten Gitarrenklängen der Utrechter Band entfernt ist. Der Abschluss der Platte, ‘Beat By Beat’, setzt etwa fast ausschließlich auf Synthie. Ein finsterer Bass-Beat führt durch die im Song dargestellten Abgründe.
„This Shame Should Not Be Mine” ist ein außergewöhnliches Werk. Die Musik und der Hintergrund des Werkes sind gezwichnet von einer Intimität, die in der Musik selten ist. Das Album schafft es, die psychische und physische Pein eines Traumas zu beschreiben, dabei aber zugänglich und musikalisch ansprechend zu bleiben.