Musikreview: „Strange Machine“ von Alunah

Alunah – Die Kraft der Stimme

Es ist fast eine Art Gütesiegel: Der Export von Doom Metal aus dem Vereinigten Königreich zeugt seit jeher von einer auffällig hohen Qualität. Alunah positionieren sich mit ihrem fünften Langspieler nun endgültig in den vorderen Reihen – was hauptsächlich dem gewaltigen Stimmorgan ihrer Frontfrau zu verdanken ist. Weitere interessante Rock-Storys gibt es hier zu lesen.

InterpretAlunah
AlbumStrange Machine
Veröffentlichung15. April 2022
GenreDoom Metal, Psychedelic Rock
LabelHeavy Psych Records
Tracks9
Bewertung der Redaktion7/10
Spieldauer42 Min

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Tatort Birmingham

Wenn man über Musik aus der Industriestadt Birmingham in den West Midlands Englands redet, fallen für gewöhnlich Namen wie Black Sabbath, Judas Priest, Electric Light Orchestra oder Magnum. Seit ein paar Jahren hört man aber auch immer öfter den Namen einer etwas jüngeren Band: Alunah. Schon seit über zehn Jahren spielen sie von klassischem Doom Metal inspirierte Rockmusik. Anfangs – mit der Mitbegründerin und damaligen Sängerin Sophie Day – bewegten sie sich noch sehr intensiv in diesem tiefergestimmten Territorium. Als Sophie Anfang 2017 allerdings ausstieg, und mit Siân Greenaway eine neue Stimme fanden, änderte sich auch der Sound. Und zwar weg vom Metal in Richtung klassischer, britischer Rock. Etwas folkiger, etwas fröhlicher. Der Doom-Sound ist dennoch über große Strecken der Platte dominant.

Musikalisch gesehen wird bei dem keine wirklich neue Latte vom Zaun gebrochen. Die Band hält sich, bis auf ein paar Ausreißer, die das Album wirklich besonders machen, an die herkömmliche Post-Sabbath Blues-Formel. Nichts Verwerfliches – das machen fast alle Bands der Szene. Alunah verpassen der Rifferei zwar keinen neuen Dreh, aber sie spielen sie wie Veteranen. Ein absolut stimmiger Gitarrensound zieht sich durch jeden Song.

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Cover "Strange Machine"
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Man kann richtig hören, wie wohl sich Alunahs Saitenhexer Matt Noble in der tieferen Tonregion fühlt. Die ersten zwei Tracks der Platte – der Titelsong ‘Strange Machine’ und ‘Over The Hills’ – sind klassische Doomkracher, die an moderne Szenegrößen wie The Sword oder Orange Goblin erinnern. Ein eingängiger, düsterer Rhythmus, der zum Headbangen einlädt. Vor allem ‘The Earth Spins’ fällt bei den heavieren Songs auf. Hier bekam Noble Verstärkung von Crowbar-Gitarristen Shane Wesley, der dem Song eine besonders dreckige Note verleiht, ohne dabei zu sehr in Sludge-Gefilde abzudriften. Wünschenswert wären bei fast allen Songs aber eindrucksvollere Gitarrensolos – an dieser Front muss die Band noch etwas verstärken.

Metal im Paisley-Muster

Was „Strange Machine“ von anderen Alben abhebt, sind die zwei „richtigen“ Retro-Songs. ‘Fade Into Fantasy’ (hier dürfen offensichtlich Parallelen zu Uriah Heeps ‘Return To Fantasy’ gezogen werden) und ‘Psychedelic Expressway’ dürften bei Metal-Puristen dank ihrem Flower-Power-Hippie-Flair für Unmut sorgen, dennoch sorgen die beiden folkigen Nummern für frischen Wind. Der Erstgenannte schwimmt mit seinem knackig-trockenen Gitarrenton und dem John Bonham-Gedächtnis-Beat ein wenig im Led Zeppelin-Fahrwasser, während ‘Psychedelic Expressway’, wie der Name vermuten lässt, Eins-a-60er-Psych Rock ist. Flöte inklusive. Gerade hier trumpft Siân Greenaway mit ihrem Gesang auf – der generell beeindruckend ist.

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Man muss der Birminghamer Sängerin zugestehen, dass sie ein unglaubliches Gesangsvolumen besitzt. Kraftvoll und auf jeder Höhe voll einsatzfähig trägt sie mit ihrer Stimme das gesamte Album. Ob Rock‘ n‘ Roll-Röhre oder dramatischer Sopran – Greenway hat alles drauf. Schade ist, dass ihr das Songwriting einfach nicht gerecht wird. Da ist Alunah immer noch ausbaufähig.

Nichtsdestotrotz ist „Strange Machine“ ein hervorragendes Album. Eine grandiose Sängerin und einige großartige musikalische Momente machen das Werk zu einem perfekten Doom-Erlebnis und positioniert die Band auf einem der vorderen Ränge. Ob sich der Genre-Wandel weiterfortführt, oder sich das Quartett wieder auf die Ursprungstage zurückorientiert bleibt abzuwarten – wir sind jedenfalls gespannt.


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Autor*in

Egal ob bei Konzerten, im Proberaum oder Zuhause vor der Anlage – Musik ist für Simon alles. Da er in seiner Freizeit deshalb sowieso schon alle zutextet, hat er es sich auch noch zum Beruf gemacht.