Musikreview: „Hate Über Alles“ von Kreator
Kreator: Beinhart und Hauchzart
Genau fünf Jahre ist es her das die deutschen Thrash-Legenden mit „Gods Of Violence“ ihr letztes Werk veröffentlichten – und damit auch ihr erstes Nummer-1-Album. Schafft es „Hate Über Alles“ diesen immensen Erfolg zu wiederholen? Oder ist die Platte doch wieder ein Schritt in die Experimentierfreudigkeit der Band in den 90ern? Weitere interessante Metal-Storys gibt es hier zu lesen.
Interpret | Kreator |
Album | Hate Über Alles |
Veröffentlichung | 10. Juni 2022 |
Genre | Thrash Metal |
Label | Nuclear Blast Records |
Tracks | 11 |
Bewertung der Redaktion | 8/10 |
Spieldauer | 46 Min |
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Echter Ruhrpott-Stahl
Kreator verbindet man mit dem deutschen Metal wie kaum eine andere Band. Sie prägten eine ganze Generation von Metalheads. Mit ihrem Workingclass-Ethos, der einem in solchen tristen Industrielöchern wie Essen angeboren wird, musikalischem Talent und einer rauen Brutalität, von der die amerikanischen Genre-Genossen Albträume bekommen würden, erspielten sie sich einen der ersten Ränge im teutonischen Schwermetall. Echte Originale – Sänger und Gitarrist Mille Petrozza ist aus der Szene nicht wegzudenken. „Pleasure To Kill“, „Extreme Aggression“, „Coma Of Souls“ ebenso wenig. Aber dann kamen die 90er Jahre, und während die meisten Thrash Metal Bands – hauptsächlich die aus den Staaten – sich an den Mainstream anbiederten und sich entweder in Richtung Grunge oder Radiofreundlichkeit entwickelten, fingen Kreator an im Studio herumzuexperimentieren. Hardcore, Industrial, sogar Symphonic Metal – nichts war den Jungs heilig (natürlich ist das auch irgendwie „Metal“). Sehr zum Frust ihrer Fans.
Mittlerweile sind Worte gegenüber Werken wie „Outcast“ oder gar „Endorama“ weitaus freundlicher. Das Mindset des gemeinen Metalfans hat sich vergrößert. Experimente werden akzeptiert, Künstler sind immerhin Künstler und arbeiten für die Kunst, nicht den Kommerz. Vielleicht war es auch dieses sich langsam vergrößernde Mindset, dass Kreator dazu brachte auch auf „Hate Über Alles“ mehr zu wagen.
Ungewöhnliches zum Angewöhnen
Das soll nicht heißen, dass das neue Album irgendein verkopfter Kunstkäse mit musikalischem Bildungsauftrag ist. Im Gegenteil: „Hate Über Alles“ ist ein bretterhartes Stück Thrash Metal. Aber auf ein paar Nummern fließen Elemente und Sounds ein, die man so von der, mittlerweile nur noch zur Hälfte aus Essen stammenden, Formation noch nicht kennt. Da fällt ‘Midnight Sun’ gleich als erstes auf. Ein wahrlich seltsames Stück. Ein sauschnelles Riff leitet in den Track ein und auch Milles rabiater Gesang ist so weit nichts Ungewöhnliches. Dann kommt aber der Refrain – der von Gastsängerin Sofia Portanet übernommen wird. Und Portanet ist keineswegs aus irgendeiner Death Metal-Band – nein, die BBC nennte sie unlängst „Germanys next big Popstar“. Dennoch fetzt der Song, er ist eine gelungene Kombination aus Gothic-Grusel und Geballer.
Der nächste Song, der etwas rausfällt, ist ‘Conquer And Destroy’. Ungewöhnlich langsam versprüht dieser dank der aufregenden Gitarrenarbeit von Mille und Sami Yli-Sirniö eher klassische Metal-Vibes. Eine gute Portion Epik samt einprägsamer Hook. Und auch wieder ein interessanter Gast: der Indie Popper (und oft eher unrechtmäßig als Post Punker betitelte) Drangsal. Sein zartes Stimmchen singt den Refrain, der im krassen Kontrast zu Milles teilweise schon Dirkschneidermäßig gekrischenen Gesang.
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Harte Klänge
Der Rest des Albums ist purer Thrash Metal, wie man ihn von der Band gewohnt ist. Aggressiv, schnell und verdammt heavy. Der Titelsong, der sich mit dem ganzen Hass, der die Welt verpestet, beschäftigt, ist dabei der wahrscheinlich „herkömmlichste“ Thrasher. Tremolo-Picking und Soli in Lichtgeschwindigkeit. Auch ‘Killer Of Jesus’ ist ähnlich erbarmungslos. Mit einem schönen Gangshout-Part wird er sicherlich zu einem Live-Highlight, bei dem man gut die Faust gen Himmel recken und mitgrölen kann.
„Hate Über Alles“ ist vermutlich das beste Kreator-Album der letzten 15 Jahre. Abwechsulngs- wie Traditionsreich schafft es die Platte, es jedem recht zu machen. Ein Werk, das zur Rotation einlädt!