Zwischen Technologie und Menschlichkeit: JPD & sein neues Album “CHAT JPD”
Credit: Katharina Balzer
In unserem Interview spricht JPD offen über seine Reise vom Major-Label-Künstler zum unabhängigen DIY-Musiker und gibt spannende Einblicke in die Entstehung seines neuen Albums “CHAT JPD”. Er teilt seine Gedanken über künstlerische Kompromisse, kreative Freiheit und die Herausforderung, im digitalen Zeitalter authentisch zu bleiben. Er nimmt uns mit hinter die Kulissen seines kreativen Prozesses und zeigt uns wie KI, Menschlichkeit und Zukunftsängste seine Musik beeinflussen. Freut euch auf ein Gespräch über Selbstfindung, die Faszination und zugleich die Risiken der Künstlichen Intelligenz und die Kraft der künstlerischen Eigenständigkeit.
Diese Themen sind allgegenwärtig – in meinem persönlichen Leben, aber auch medial und global. Deshalb konnte ich gar nicht anders, als ein Album über diese Themen zu schreiben, weil sie mich so intensiv beschäftigen.
– JPD
Vom Major-Label zum DIY-Artist
BANDUP: Du hast einen spannenden Weg hinter dir, von deiner Zeit bei einem Major-Label bis hin zum DIY-Artist. Wie haben diese Erfahrungen deine Sicht auf das Musikmachen verändert?
JPD: Seit ich 15 Jahre alt bin, mache ich Musik in Bands. Die erste war eine typische Schülerband, in der ich vieles zum ersten Mal ausprobiert habe – Songs schreiben, eine Band leiten, auf der Bühne stehen. Während meines Studiums in Mannheim spielte ich dann in einer ambitionierten Band mit angehenden Profimusikern. Wir haben alles selbst gemacht, ohne Unterstützung von einem Label oder der Industrie. 2015 startete ich mein erstes Solo-Projekt und unterschrieb schnell bei Vertigo, einem Major Label.
Plötzlich waren da viele Menschen an meiner Vision beteiligt, und es gab viel Mitsprache – natürlich aber auch mehr Geld und Möglichkeiten. Aber ich bin wohl zu sehr Sturkopf und war zu vielen Kompromissen einfach nicht bereit. So konnte das für mich nicht funktionieren, und ich war sehr glücklich, als ich aus dem Vertrag raus war und wieder DIY arbeiten konnte. All diese Erfahrungen haben meine Herangehensweise an Musik geprägt. Nicht immer zum Guten – vieles versuche ich seitdem auch wieder loszuwerden. Mit dem Älterwerden verändert sich auch mein Songwriting und meine Sicht auf die Musikindustrie. Es bleibt ein fortlaufender Prozess, und ich bin sehr gespannt, wohin er mich noch führt.
Musikalische Inspiration
BANDUP: Du siedelst dich irgendwo zwischen Rap, Indie und Pop-Musik an. Welche Musik hörst du am meisten und wer sind deine musikalischen Vorbilder?
JPD: Momentan höre ich vor allem Musik, um meine Nerven zu beruhigen und mich ein bisschen runterzubringen – da funktionieren die Solo-Piano-Alben von Chilly Gonzales sehr gut.
Gerade entdecke ich auch Handpan-Musik für mich, haha. Insgesamt habe ich einen sehr vielfältigen Musikgeschmack, entdecke gerne neue Musik und habe eine Vorliebe für gut geschriebene, deutschsprachige Texte. Zu meinen Vorbildern zählen Künstler, die Musik mit visuellen Elementen und Mode verbinden, wie Stromae und Tyler, the Creator.
Das neue Album “CHAT JPD”
BANDUP: Im Jahr 2023 hast du dir ein ganzes Jahr Zeit genommen, um in Ruhe an deinem neuen Album “CHAT JPD” zu arbeiten. Wie war das für dich, und was war deine größte Challenge?
JPD: Die größte Challenge war, mir überhaupt erstmal diese Zeit zu nehmen. Es gibt ja den Druck, immer präsent zu sein – durch neue Veröffentlichungen oder in den sozialen Medien. Sich davon zu lösen und bewusst Zeit freizuräumen, um in Ruhe Musik zu schreiben, ohne von Anfang an ein konkretes Ziel zu haben, war schwierig. Natürlich gab es auch während des Entstehungsprozesses viele Hürden.
Jeder Song musste erst geschrieben und produziert werden, bis ich zufrieden war. Rückblickend bin ich sehr froh, dass ich mir dieses Jahr genommen habe. Dadurch hatte ich ein „richtiges“, zusammenhängendes Album, mit dem ich weiterarbeiten konnte – sei es durch Videos oder das Visuelle drumherum. Ohne diese Zeit wäre es mir nicht möglich gewesen, etwas so Konsistentes und Durchdachtes zu erschaffen.
Technologie vs. Menschlichkeit
BANDUP: Das Album wirkt wie ein Spiegel der aktuellen Zeit. Warum liegen dir genau diese Themen wie Technologie und Menschlichkeit so am Herzen?
JPD: Ich bin ein sehr neugieriger Mensch, und auch Menschen liegen mir sehr am Herzen. Gleichzeitig bin ich verwirrt, aber auch fasziniert von dem, was die Technik und die Zukunft für uns bereithalten. Diese Themen sind allgegenwärtig – in meinem persönlichen Leben, aber auch medial und global. Deshalb konnte ich gar nicht anders, als ein Album über diese Themen zu schreiben, weil sie mich so intensiv beschäftigen.
BANDUP: Gab es eine persönliche Erfahrung, die dich besonders dazu inspiriert hat, diese Themen aufzugreifen?
JPD: Jedes Mal, wenn ich morgens aufstehe und relativ früh am Handy bin, werde ich sofort mit diesen Themen konfrontiert. Egal, ob ich mich mit anderen Menschen unterhalte oder durch die Nachrichten scrolle – diese Themen sind allgegenwärtig. Jeder Song auf dem Album hat einen direkten Bezug zu etwas, das ich erlebt, erlernt oder beobachtet habe.
Sinnkrise durch maschinelle Arbeit?
BANDUP: Du sagst, dass “die Maschinen uns die Arbeit rauben” und wir in eine Sinnkrise stürzen. Welche Rolle spielt diese Angst vor der Zukunft in deinem Album?
JPD: Diese Zeile stammt aus dem Song Maschinen. Es ist ein Gedankenexperiment über einen Künstler, der in der nahen Zukunft lebt und nichts mehr zu tun hat, weil die künstliche Intelligenz seine Arbeit übernommen hat. Ganz so weit sind wir ja zum Glück noch nicht. Ich würde nicht sagen, dass ich allgemein Angst vor der Zukunft habe, aber es gibt definitiv Zukunftsvarianten, vor denen ich große Angst habe. Diese Ängste spiegeln sich auch im Album wider, besonders in diesem Song. Gleichzeitig gibt es ja auch die Möglichkeit, dass alles ganz anders kommt – auch diese utopische Variante findet ihren Platz auf dem Album.
Der Einfluss von KI auf die Musikbranche
BANDUP: Welche Vor- und Nachteile hat deiner Meinung nach KI auf den kreativen Prozess eines Musikers oder einer Musikerin?
JPD: KI bietet viele Vorteile, vor allem durch die Demokratisierung der Musikproduktion. Jeder kann Musik machen, unabhängig von Studio oder Vorkenntnissen. Das ermöglicht vielen Menschen, kreativ zu sein. Gleichzeitig gibt es dadurch eine unglaubliche Menge an Musik. Für Künstler wie mich, die viel Zeit und Energie in ihre Musik stecken, wird es immer schwieriger, in der Flut von Inhalten sichtbar zu bleiben.
Jetzt kommen auch immer mehr KI-kreierte Songs auf den Markt, und Plattformen wie Spotify werden zunehmend mit künstlicher Musik befüllt. Es war schon immer schwierig, von der Musik zu leben, aber für unangepasste Künstler*innen wird es noch herausfordernder.
Message an die Fans
BANDUP: Viele deiner Texte sind politisch und zukunftsweisend. Welche Botschaft möchtest du den Hörer*innen von “CHAT JPD” mit auf den Weg geben?
JPD: Eine Botschaft ist vielleicht, dass es an uns liegt, in welche Zukunft wir gehen. Jeder hat die Möglichkeit, im Kleinen wie im Größeren aktiv zu werden und die Zukunft zu beeinflussen. Das Entschlüsseln der anderen Botschaften überlasse ich mal den geneigten Hörer*innen.
Kreativer Raum
BANDUP: Der Projektraum/Werkstatt/Studio “LADEN”, den du in Leipzig aufgebaut hast, klingt nach einem besonderen Ort. Wie kann ich mir das Arbeiten und Musikmachen dort vorstellen?
JPD: Der Laden ist direkt unter meiner Wohnung und war früher eine alte Kneipe. Ich habe die Fläche selbst ausgebaut und renoviert. Es ist der Ort, an den ich gehe, um meine Ideen und Projekte rund um das Musikmachen und Veröffentlichen zu verwirklichen. Ich habe dort eine Siebdruckwerkstatt, mache meinen Merch selbst, drehe Videos und veranstalte Live-Sessions. Für die meisten meiner Ideen brauche ich einen Raum, und den habe ich mit dem Laden gefunden.
BANDUP: Du hast als Songwriter bereits mit vielen bekannten Künstlerinnen zusammengearbeitet. Wie unterscheidet sich das Schreiben für andere von der Arbeit an deinem eigenen Material?
JPD: Der größte Unterschied ist, dass meine eigenen Songs immer direkt mit mir, meiner Persönlichkeit und meinem Gesicht verknüpft sind. Manche Dinge traut man sich vielleicht nicht so direkt zu sagen. Ich finde es oft leichter, einfach kreativ zu sein, einen Song für jemand anderen zu schreiben und mir über den Rest keine Gedanken machen zu müssen. Die Arbeit an meiner eigenen Musik braucht viel mehr Zeit und Energie. Ich feile viel länger daran, bis ich damit zufrieden bin und mich damit wohlfühle!
BANDUP: Danke dir für die ganzen Einblicke und interessanten Sichtweisen! Ganz viel Erfolg weiterhin!
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