Keine Kompromisse mehr: Yungblud mit neuem Album „Idols“
Back with a bang! Yungblud hat den Verstärker wieder aufgedreht und präsentiert mit „Idols“ seine ganz eigene Ode an die Rockmusik. Während die selbstbetitelte Vorgänger-LP mit ihrem poppigen Sound vor allem auf tanzbare Ohrwürmer ausgelegt war, überzeugt „Idols“ durch eine stärkere künstlerische Handschrift – Yungbluds neues Album ist lauter, roher und emotionaler.
Erst der Hype, dann Erfolg und Kritik
Dominic Harrison alias Yungblud ist seit seinem Durchbruch mit dem Debütalbum „21st Century Liability“ (2018) und der EP „The Underrated Youth“ (2019) sowohl in der Alternative- als auch in der Pop-Szene eine feste Größe. Mit seiner dynamischen Mischung aus Pop, Rap, Rock und Punk hat sich der Engländer in den vergangenen Jahren eine treue Fangemeinde aufgebaut.
2022 feierte er mit dem letzten Album „Yungblud“ kommerzielle Erfolge, stieß in der Kritik aber auf geteilte Meinungen. Der Vorwurf: Fehlende Tiefe und ein glattgebügelter Sound, der im Kontrast zur extrovertierten Punk-Rock-Persona des Artists steht. Nun ist er zurück – mit der ersten Hälfte eines Doppelalbums, dessen Pendant noch ohne Releasedatum ist.
Yungblud lässt die alten Helden hinter sich
„Idols“ ist alles andere als oberflächlich. Man fühlt sich beim Hören an die vielfältigen Rock-Ären des 20. Jahrhunderts erinnert – von treibenden Gitarrenriffs über kreischende Vocals bis hin zu emotionsgeladenen Balladen ist alles dabei. Und trotzdem wirkt keiner der zwölf Tracks in irgendeiner Weise aus der Zeit gefallen.
Die Songs leben von den musikalischen Einflüssen des Künstlers – als reine Hommage an seine Idole will Harrison das Album aber nicht verstehen. Vielmehr habe er das Gefühl, diese nun endlich hinter sich lassen zu können: „Ich habe das Album ‘Idols’ genannt, weil ich zum ersten Mal sagen kann, ‘Bowie, Freddie, Robbie: Ab jetzt übernehme ich‚“, erklärte der 27-Jährige im Interview mit Zane Lowe.“Ich habe realisiert, dass meine Idole all die Jahre bloß Spiegel waren, die es ermöglichten, die Inspiration in mir selbst zu finden.”
Die Tracks: Ein Streifzug durch den Rockkosmos
Bereits der Opener „Hello, Heaven, Hello“ setzt ein Ausrufezeichen. Neun Minuten dauert die erste Single – ein epischer Auftakt mit poppigem Beginn, dem eine explosive zweite Hälfte mit puren Arena-Rock-Vibes folgt. „Idols Pt. I“ sticht durch Yungbluds ungeschmückt-emotionale Vocals hervor und auch „Lovesick Lullaby“ – der einzige Rap-Track des Albums – wirkt dank dem punkigen Gitarrenbett und einem Chorus, der von 90er-Jahre Melancholie á la Stone Roses trieft, keineswegs deplatziert.
„Zombie“ erinnert vor allem im Intro stark an Coldplay, „Ghosts“ hat die hymnische Sentimentalität einer U2-Nummer. Und die Songs „Fire“ und „Idols Pt. II“ könnten glatt als die neuen Singles der wiedervereinigten Oasis-Brüder durchgehen. Mit „Supermoon“ inszeniert sich Yungblud zu guter Letzt als 70s-Singer-Songwriter – und gibt der ersten Hälfte seines Doppelalbums ein stimmiges Ende.
„Idols“: Ein kreativer Befreiungsschlag
Dass die LP nicht schon vor ein paar Jahren erschienen ist, ist laut Harrison auch seinem damaligen Umfeld geschuldet: „‘Idols’ war das Album, das ich nach ‘Weird!’ machen wollte. Doch aufgrund des kommerziellen Erfolgs wurde mir davon abgeraten: ‘Nichts mit analogen Aufnahmen und Rhythmuswechseln: Wir brauchen jetzt Hits!’ Dass ich diese Kompromisse eingegangen bin, hat mich sehr unglücklich gemacht.”
Auch textlich geht das Album neue Wege. Harrison legt seinen hyper-spezifischen lyrischen Ansatz in vielen Tracks ab – auf der Suche nach etwas Zeitlosem. Er diktiert keine Gefühle oder Gedanken, stattdessen liegt die Stärke der Lyrics in ihrer Mehrdeutigkeit: Sie erlaubt es den Hörer*innen, eigene Erfahrungen und Bezugspunkte zu verknüpfen.
Das Resümee? „Idols” markiert die künstlerische Wiedergeburt von Yungblud – und schlägt die Brücke zwischen Classic-Rock, Britpop und der Gegenwart mit überraschender Leichtigkeit. Wir freuen uns auf Part 2!