„Everything, In Time“: Ella Eyre feiert ihr Comeback mit neuer LP
Zehn Jahre Pause, eine Stimmbandoperation und der Kampf gegen den Label-Druck – Ella Eyre hat sich durchgebissen. Mit ihrem zweiten Album „Everything, in Time“ liefert die Londonerin jetzt endlich das ab, was sie schon immer machen wollte: authentischen Soul-Pop auf ihre ganz eigene Art. Das Warten hat sich gelohnt.
Der Weg zur eigenen Unabhängigkeit
Ella Eyre kennt man vielleicht noch von Features auf Rudimental- oder Sigala-Tracks, etwa „Waiting All Night“ oder „Came Here for Love“ – Ohrwürmer, die in den Clubs rauf und runter liefen. Nachdem sie mit gerade mal 19 einen Brit Award abräumte und mit ihren Dance-Pop-Kollaborationen immer wieder die Charts stürmte, steckte sie ihr Label schnell in die „Gast-Sängerin“-Schublade. Dabei wollte Ella eigentlich was ganz anderes: Soul, echte Gefühle und vor allem eine eigene Stimme.
Mit der Trennung von ihrem alten Label Island und dem Wechsel zum Indie-Label PIAS hat sie sich diese Freiheit nun erkämpft. Keine Execs mehr, die ihr reinreden. Keine Vergleiche mit anderen Artists. Nur Ella und ihre Musik. „Everything, In Time“ klingt genau danach: selbstbewusst, ungefiltert und authentisch.
Zwischen Pop, Soul und R&B
Musikalisch ist das Album ziemlich vielseitig. Bei Tracks wie „Red Flags & Love Hearts“ denkt man sofort an Amy Winehouse – jazzig und mit karibischem Touch. Die Ballade „This Shit Hurts“ erinnert an Adele, und in „What About Me“ holt Ella die 2000er R&B-Ära gekonnt zurück.
Bei „Head in the Ground“ verleiht Rapper Tiggs Da Author dem Gospel-Sound mit seinem Part eine passende Hip-Hop-Note. Und dann gibt’s wieder Tracks wie „Diamonds“, die einfach zum Tanzen einladen. Ella navigiert durch Genres, ohne sich festzulegen, und hält die über sechs Jahre entstandene Songkollektion vor allem mit ihrer markanten Stimme zusammen.
Über Geduld und die Kunst des Loslassens
Während des Lockdowns im Dezember 2020 musste sich Ella einer Stimmbandoperation unterziehen. Es folgten lange Monate mühsamer Stimmübungen, in denen sie nicht wusste, ob sie jemals wieder singen könnte. Die Zeit zwang sie zum Innehalten – und ist nun eines der textlichen Leitmotive des neuen Albums.
„Der Titel fasst es perfekt zusammen“, erklärte die Sängerin im Interview mit Charts UK: „Ja es hat zehn Jahre gedauert, aber in Wahrheit habe ich durch das Trauma und alles, was ich durchmachen musste – Stimmbandchirurgie, einen Monat lang nicht sprechen können, sechs Monate Rehabilitation und das Aus mit zwei Plattenfirmen – eine echte Lektion gelernt. Ich muss nur den Frieden in den Dingen finden, die ich nicht kontrollieren kann, und die Zeit für sich sprechen lassen.“
Ein Comeback mit Charakter
Mit „Everything, in Time“ meldet sich Ella Eyre als Künstlerin zurück, die ihre eigene Stimme wiedergefunden hat – in doppelter Hinsicht. Ohne auf aktuellen Trends zu reiten erschafft sie ihre eigene Musik-Welt, die zwar nicht neu klingt, dafür aber genau nach ihren Regeln spielt: Soul-Pop mit Ecken, Kanten und ganz viel Herz.
Man spürt, dass die ehemalige Chart-Topperin zum ersten Mal seit Langem nicht liefern musste, sondern durfte – und gerade das macht neugierig darauf, wo die Reise in den nächsten Jahren noch hingeht. Ella Eyre sollte man jedenfalls wieder auf dem Schirm haben.








