Jenseits der Hits: Djo erfindet sich in „The Crux“ neu

Ein bisschen verplant, ein Funken verkopft, ein Schimmer glamourös: In „The Crux“ versucht Joe Keery ambitioniert, sich beim Spagat zwischen gehypten Posterboys und klassischem Rock der 70er-Jahre nicht zu verlieren.

TikTok-Hits, Netflix-Figur, Indie-Posterboy – Djo war lange mehr Marke als Musiker. Seine Songs? Perfekt für die nächste Coming-of-Age-Playlist. Doch mit Album Nummer drei setzt er jetzt auf Wandel. Wer bisher dachte, Djo würde im Indie-Pop-Boy-Korsett stecken bleiben, wird von „The Crux“ überrascht sein.

Auf der Suche nach einer neuen DNA 

Seit der viralen Single „End of Beginnings“ 2022 wissen alle: Joe Keery ist nicht mehr nur der Liebling des Netflix-Serie Stranger Things, sondern prägt auch darüber hinaus musikalisch die Pop-Kultur. 

Auf „DECIDE“, dem Album dazu, bewies er als Djo, dass mehr Potential dahinter steckt, als einen Hit auf Social Media zu landen. Im Longplayer kombinierte der Künstler locker-flockig Bedroom-Pop mit discoesken Anstrich und gebührte dabei den French-House-Göttern von Daft Punk die Hommage. 

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Das Albumcover-Artwork gibt schon mal einen Vorgeschmack auf das neue Album von Djo: Eine belebte, aber penibel inszenierte Szene erinnert an die Kulissen des ikonischen Filmemachers Wes Anderson – ähnlich verspielt wie die Werke des Regisseurs klingt nämlich auch „The Crux“.

Doch das ist mehr als bloß eine Collage. Djo scheint seine eigene Vision gefunden zu haben – eine, die sich von viralem Fast-Food-Pop emanzipiert, aus dem Indie-Pop-Boy-Gehabe ausbricht – und stattdessen musikalische Tiefe sucht. 

Zwischen DIY-Zeitgeist und Avantgarde-pop

In „The Crux“ schlagen zwei Herzen von Djo: Mit „Plastics Being Plastic“, „Potion“ oder „Delete Ya“ hält die erste Hälfte der Platte für die Fans die altbekannte Djo-Handschrift bereit: 80er-Jahre-Synthesizer, Bedroom-Pop, Coming-Of-Age-Liebessongs. So weit, so austauschbar. 

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Ab „Egg“ shiftet die gesamte Dynamik im Album und hier macht „The Crux“ unfassbar viel Spaß. Eine monströse Ballade nach der anderen tut sich auf, die Dramaturgie schellt von 0 auf 100 – ein Höhepunkt nach dem anderen. Die Arrangements sind clever und lustig, dramatisch, packend, visionär mit nostalgischen Momenten. 

Djo referenziert charmant offenherzig auf seine ikonischen Rock-Bands: „Charlie’s Garden“ ist ganz klar eine Hommage an „Octopus’s Garden“ von den Beatles, an dessen akustischer 60er-Jahre-Vibe sich die ganze zweite Hälfte des Albums orientiert. „Gap Tooth Smile“ erinnert an den soften Punk der Kinks, chorale Accapella-Gesänge treten immer mehr in den Vordergrund, und auch der Verweis auf Queen ist nicht zu subversiv

She’s My Killer Queen / And I Tell Her All The Time

Gap Tooth Smile

Trotzdem schließen die Songs auch jetzt nicht bündig ab, reißen von der einen Atmosphäre in die andere, das ist eben die Krux an „The Crux“ – der Haken an der Sache. Und wie Joe Keery im Interview mit Apple Music erklärt, treffe hier seine Intention im lebendigen Artwork „The Crux“ auf den Punkt.

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Nur Phase oder neue Ära?

Eines kann man Djo in seiner musikalischen Karriere sicher nicht absprechen: Seinen Spaß an Musik. Er schreibt alle Songs selbst, spielt viel herum mit verschiedenen Sound-Elementen, mit seiner Stimme, mit Instrumenten, Arrangements. Das simple Storytelling im Songwriting schlägt dagegen dann doch sehr in generische Indie-Pop-Acts wie von den Kollegen von Wallows um.

„The Crux“ schafft es nie aus der Bedroom-Pop-Soundwelt. Vielleicht liegt dahinter die Angst, in der Fan-Bubble nicht mehr relevant und „relatable“ genug zu sein. Trotzdem steckt dahinter ein Avantgarde-Anspruch und macht aufwendige Sound-Kulissen auf – eben ein Ticken mehr transformativer Weitblick, wie es zu einem Konzeptalbum dazu gehört. Man kann sich nur wünschen, dass Keery künftig genauso viel stimmiges Gesamtbild in seine Musik geben wird wie in sein Persona-Marketing.

Ist das der Beginn einer künstlerischen Evolution oder nur ein neuer Anstrich? Fakt ist: Djo setzt die Messlatte erfolgreich höher, auch für sich selbst. Ob das Publikum bereit ist, diesen Weg mitzugehen, bleibt abzuwarten.

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Ich liebe Musik laut und leise, live und auf Platte, draußen und drinnen, also in English, en français y en español – aber nie wahllos. Bei BANDUP spüre ich den Facetten der Musik und der Branche nach, immer auf der Suche nach neuen Perspektiven und spannenden Geschichten.