Billotin über seine erste EP „Extroinvertiert“

Fotocredits: Zachow Picturs

“Extroinvertiert”? Was es damit auf sich hat und wie Billotin seine Angststörungen mit Hilfe von Musik verarbeitet, erfahrt ihr in diesem Interview. Wir sprechen mit ihm über seine Gedanken und Geschichten hinter den Songs seiner heute veröffentlichten EP – wie seine Eltern ihn geprägt haben, welchen Einfluss Berlin auf ihn als Musiker hat und auf welchen Song er vielleicht sogar besonders stolz ist. Wir freuen uns über die persönlichen Einblicke und hören die Songs bereits jetzt rauf und runter. Let’s go!

Was meine Musik ausmacht ist die Authentizität der Texte und die Soundwelt, welche nicht probiert zu klingen wie jemand anderes. Das ganze gepaart mit hooky hooks zum mitsingen auf Festivals macht mich aus. 

– BILLOTIN

Panikattacken, Bindungsängste und die Tücken des Erwachsenwerdens

BANDUP: Heute ist deine erste EP „Extroinvertiert“ erschienen. Was erhoffst dir, das deine Hörer*innen aus den Songs mitnehmen?

Billotin: Ich hoffe, dass man sich nach dem Hörn der Songs ein bisschen weniger alleine fühlt mit Themen wie Anxietys/Panikattacken, Bindungsängsten und dem großen überwältigenden Brocken des Erwachsenwerdens in den 20ern.

“Extroinvertiert”?

BANDUP: Extroinvertiert. Ein Neologismus! Wie kamst du auf dieses Wort und wie kann man das interpretieren?

Billotin: Das ist schlichtweg, wie ich mich oft fühle: In meinem Kopf leben diese Energien des super extrovertierten hibbeligen René zusammen mit dem René, der niemanden sehen will, sich einfach nur verstecken will und Angst hat, mit Leuten zu reden. Das ist oftmals so super verwirrend und anstrengend. Vor allem weil vielen Menschen denken ich hätte diese introvertierte Seite gar nicht. Das bedeutet für mich Extroinvertiert.

Kreativität und Flowstate in Schweden

BANDUP: Ihr habt 3 Wochen lang in Schweden in einer Hütte an den Songs gearbeitet. Was hast du aus dieser Zeit mitgenommen und würdest du das für zukünftige Projekte wiederholen? Sind schon weitere Projekte in Sicht?

Billotin: Die 3 Wochen konzentriertes Arbeiten an den Songs war einfach nur wunderbar. Weit weg von allem. Das Handy aus. Niemand muss einen erreichen. Man ist einfach nur im Tunnel und schärft seine Sinne für die ruhige Umgebung und die Natur. Das bringt so einen schönen Fokus und Ruhe in den Produktionsprozess, welchen ich gerne, sobald es geht, wieder erleben will. Geplant ist für mich, jetzt weitere Singles zu schreiben und ein Album. Ich werde mich in dem Prozess zu 100% wieder, weit weg von allem, in einer Hütte verstecken und tüfteln. Vielleicht wird es diesmal aber Italien oder Frankreich. Mal sehen.

Musik als Balsam für die Seele

BANDUP: Wie war es für dich, dein Inneres in Form von Musik zu offenbaren? Hast du das Gefühl, es hat dich leichter gemacht?

Billotin: Diese Songs zu schreiben haben mir unglaublich viel seelischen Ballast abgenommen und mich mental erleichtert. Gerade der Kampf mit einer Angststörung, und damit einhergehende Panikattacken, hat mich eine Zeit lang extrem fertig gemacht und belastet. Diese Songs zu schreiben war eine unfassbar große Erleichterung und absolut therapeutisch. Natürlich ist man aufgeregt, wenn man die Songs veröffentlicht, weil es so tief persönlich ist und man sich verletzlich macht. Aber genau da fängt Musik erst an, ehrlich zu sein und zu berühren. Es fühlt sich wirklich an wie ein emotionaler Release. 

BANDUP: Wie fühlst du dich jetzt, wo die Songs fertig sind und der Welt zur Verfügung stehen. Du hast viel Persönliches in deine Songs gesteckt und wie der Titel deiner vorab veröffentlichen Single schon sagt, machst du dich ja quasi „nackt”.

Billotin: Wie oben schon erwähnt war es von Anfang an mein Gedanke Musik zu schreiben, die sich hinter nichts versteckt. Deshalb bringe ich es auch trocken unter meinen Nachnamen raus und singe auf Deutsch. Es gibt also keine Barriere bezüglich einer anderen Sprache oder einem Alter Egos. Das ist super intensiv sich so „nackt“ zu machen, aber es fühlt sich auch so gut, und richtig, an zu sich zu stehen und klar rauszusingen was in mir vorgeht. 

Die Angst musikalisch aufgearbeitet

BANDUP: Mir hat besonders der Song „Angst” gefallen. Durch die hektische, musikalische Begleitung und den ruhigen Gesang kriegt man meiner Meinung nach direkt das Gefühl der Angst vermittelt. Spiegelt dies vielleicht deine Panikattacken wider bzw. war das deine Intention? 

Billotin: Tatsächlich war das mein Gedanke, in dem Song mit den Gefühlen der Ruhe und der plötzlich aufkommenden Angst zu spielen und diese in die Musik einfließen zu lassen. 

Gedanken rasen. Alles fliegt vorbei und man ist im Angstwahn. Das spiegeln die hektischen Momente und die fliegenden Sounds im Hintergrund für mich wieder.

Die Eltern als Spiegel seiner Selbst

BANDUP: Dein Song „Blut” bezieht sich auf das Bild der Eltern. Kannst du darauf genauer eingehen? Du singst „Ich weine selten, genauso wie du“, was eine gewisse Vorbildfunktion widerspiegelt. Inwieweit waren deine Eltern dir ein Vorbild, vielleicht auch in deiner musikalischen Entwicklung? 

Billotin: Ich habe die tollsten Eltern, die ich mir vorstellen kann. Sie haben mich von Sekunde eins an immer unterstützt: Sei es mit dem Kauf von Instrumenten, dem Fahren zu den Proben und dem schieren Vertrauen an meinen Traum der Musik mein Leben zu widmen. Trotzdem, wie bei allen Eltern, gibt es natürlich Punkte, welche in einem Nachhallen, auch wenn man erwachsen wird . In Blut geht es vor allem darum, wie sehr ich verstanden habe, wie ähnlich ich meinem Vater bin. Negative Eigenschaften an sich selbst wiederzukennen, welche einen als Kind genervt haben, kann hart sein. Damit setze ich mich in dem Song auseinander.

BANDUP: Gibt es aus diesen 6 Songs einen auf den du besonders stolz bist und warum?

Billotin: Ich bin sehr stolz auf Atlantis, da ich bei jedem Hören immer wieder ein Gefühl der Freude, Euphorie und Freiheit bekomme wie beim ersten Hören der Demo. Ich feier den Track sehr. Hoffe ihr auch haha

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Der Einfluss von Berlin auf seine Musik

BANDUP: Köln, Mannheim, Hamburg und jetzt Berlin. Wie findest du dich hier ein? Wie beeinflusst Berlin dich und deine Musik?

Billotin: Ich wohne nun seit mehr als 2 Jahren in Berlin und ich liebe diese Stadt. Das ganze Getummel, die ganzen Menschen und Eindrücke aus aller Welt und die kreative Energie, welche die Stadt dadurch an sich hat. Das alles beeinflusst natürlich, was ich im Alltag sehe, höre und letztendlich in Musik packe.

Am meisten beeinflusst mich aber der Fakt, dass ich sehr viele Freunde in Berlin habe, darunter auch meine engsten Freunde, die mir ein starkes Gefühl von Sicherheit und Heimat geben. Das ist der schönste Einfluss der Stadt auf mich und mein kreatives Wirken.

Empfehlung von Billotin

BANDUP: Hast du momentan einen bestimmten Artist oder Song, der bei dir auf Dauerschleife läuft und welchen du unserer Community empfehlen möchtest?

Billotin: Hmmm schwierige Frage aber ich gehe mit „Nothing Shines On This Island“ von Chloe Slater. Sehr cooler Indie Alternative Sound aus UK. Hört mal rein! 

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BANDUP: Cooler Song! Danke dir für die ganzen Einblicke und das du so offen und ehrlich mit uns über deine Musik gesprochen hast. Happy Release und lass dich ordentlich freiern!

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Ich beschäftige mich leidenschaftlich mit Musik, koordiniere und berichte über Themen aus der Branche und möchte durch Interviews mit Artists und Bands ihre Gedanken und Ideen verstehen und anderen nahebringen.