„Bittersweed“: SWEED über die bisher persönlichsten Songs seiner Karriere
Sein Debütalbum „Bittersweed“ ist eine ehrliche Auseinandersetzung mit Selbstzweifeln, dem Wunsch nach Selbstakzeptanz und dem bittersüßen Gefühl, wenn Schmerz und Hoffnung sich gleichzeitig breitmachen. Zwischen Gedankenwurzeln und blühenden Klangwiesen erzählt SWEED Geschichten, die nahbar, verletzlich und doch voller Leichtigkeit sind. Wir haben mit ihm über den Release-Moment, seine Reise auf den Kilimandscharo, sowie seine ADHS Diagnose gesprochen – und dabei erfahren, warum „Bittersweed“ der bisher ehrlichste Blick auf SWEED selbst ist.
Der bittersüße Release-Moment
BANDUP: Dein Debütalbum „Bittersweed“ ist draußen! Was war der Moment, in dem du realisiert hast: Jetzt ist es wirklich soweit!
SWEED: Ich habe mit meinen Freund*innen in Berlin zwei Tage vor dem Release eine Listening-Session gemacht, bei der wir uns in einem Showroom getroffen haben & alle zusammen die Platte gehört haben & als ich am Morgen vom Listening krank aufgewacht bin, wusste ich es ist nun so weit! Denn immer, wenn so tolle, wichtige Dinge anstehen, denkt sich mein Immunsystem – „ciao ciao“.
Frühlingshafte Melancholie
BANDUP: Die Fokus-Single „Better“ klingt frühlingshaft und euphorisch, dreht sich aber um das Ende einer Beziehung. Wie passt diese bittersüße Stimmung zum Gesamtkonzept des Albums?
SWEED: Ich glaube, „Better“ ist das Paradebeispiel fürs Album. Die SWEED-Songs entstehen alle als eine verkopfte Gedankenwurzel, erscheinen und erstrecken sich dann in einer bunten, blühenden Blumenwiese.
Um das vielleicht genauer zu erklären – ich glaube die meisten meiner Texte sind eher traurig, nachdenklich, emotional und direkt, doch ich glaube, wenn man sie im ersten Moment hört, klingen sie alle immer erst mal ganz happy bzw. nicht so traurig oder ernst, wie sie eigentlich sind. Erinnert ihr euch noch an den Song von Foster „The People – ‚Pumped up Kids“, der klingt auch total happy, doch ist eigentlich das komplette Gegenteil.
Von Mauern und Selbstakzeptanz
BANDUP: „Crushing“ handelt von Selbstakzeptanz und der Schwierigkeit, Liebe zuzulassen. Wie hat sich dein eigener Blick auf das Thema in den letzten Jahren verändert?
SWEED: Mir fiel es in den letzten Jahren relativ schwer, Liebe von Menschen zuzulassen, alleine wenn das schon mit Hilfe von Freund*innen angefangen hat. Ich bin gerne von Freund*innen umgeben, doch, wenn es darum geht, dass diese mir einen Gefallen tun, wird es schon schwierig. Ich bin da ein bisschen so „Kopf-durch die-Wand-mäßig“ unterwegs und will immer alles alleine schaffen und machen.
Ebenso hatte ich dramatische Probleme mit meinem Selbstwert, die sich, god bless, wieder gelegt haben, aber durch diese Kombination aus ,Ich schaff das schon‘ & „Ich kann mich selber nicht so gut leiden“ ist schon eine sehr starke Mauer entstanden, worunter andere auch sicher leiden mussten. Jetzt aus der Retrospektive, wo es mir besser geht, tut mir das sehr leid. Es ist schön, sich auch mal helfen so zu lassen & es ist auch toll, Liebe zuzulassen und jemanden an näher sich ranzulassen.
ADHS – Mehr als Nur ein TikTok-Trend
BANDUP: ADHS begleitet dich schon dein ganzes Leben. In Songs wie „Can I Just Be“ und „Someday“ verarbeitest du das Thema offen. Warum war es dir wichtig, darüber zu schreiben?
SWEED: Ich glaube es war mir einfach wichtig, mal aus der Sicht einer Person zu sprechen, die wirklich ADHS hat. Für mich war das alles andere als eine easy Kindheit mit der Diagnose zu meinem 6. Lebensjahr.
Als ADHS noch nicht so eine „Modekrankheit“ war, wie heute & nicht jede zweite Person sich auf Instagram oder TikTok selbst diagnostiziert hat, war das damals eher etwas Ungewöhnliches, etwas anderes, etwas Dummes. Etwas, das meine Mitschüler*innen und vor allem deren Eltern nicht verstanden haben.
Und dieses „anders behandelt werden“ und als dumm/naiv abgestempelt zu werden, hat bei mir glaube ich für immer Spuren hinterlassen, und das wollte ich mit den Songs wohl aufzeigen – das man mit psychischen Krankheiten vielleicht nicht so umspringen sollte, als wäre es nichts.
Sondern sich vielleicht Gedanken macht, bevor man Sätze benutzt wie „ich habe gerade meine ADHS-Minuten“ oder „ich bin total unruhig, ich habe ADHS“ – so einfach ist das nicht, und es gibt Menschen, die sind durch echt schwierige Zeiten gegangen aufgrund dieser Krankheit, und es löst eventuell auch Trigger aus, ständig damit konfrontiert zu werden, weil man ja durch die Schwierigkeiten im Alltag sowieso schon damit konfrontiert wird.
Selbstbestimmt und unabhängig
BANDUP: Du hast das Album größtenteils allein produziert und managst dich selbst. Was sind für dich die größten Vorteile – und gibt es Momente, in denen du dir ein großes Team wünschst?
SWEED: Ich glaube den Produktions-Prozess mit meinen super kreativen Freunden Mani & Luuk würde ich auf keinen Fall ändern, das war einfach ein totales Match & ich liebe es viele Dinge selbst in der Hand zu haben.
Jetzt wo das Album rauskommt, viele Termine anstehen, Rechnungen, Bürokratie-Quatsch, Social Media, da wünsche ich mir schon manchmal jemanden, der mir etwas hilft und unter die Arme greift – Auf der anderen Seite wurde ich auf Management-Seite so arg enttäuscht, dass es mir sehr schwer fällt, hier nun einfach jemanden ins Projekt zu lassen, da es ja nun schon sehr lange ohne Management sehr gut funktioniert und ich die Arbeit größtenteils alleine gestemmt habe. Ich bin froh, über die paar wenigen Leute, die ins Projekt involviert sind, die wissen genau was abgeht und sind die süßesten, verlässlichsten Zuckermäuse, die es gibt.
Raus aus Berlin, rauf auf den Kilimandscharo
BANDUP: Du hast vor einiger Zeit den Kilimandscharo bestiegen! Welche Erkenntnis aus dieser Reise hat sich am stärksten in die Songs eingeschrieben?
SWEED: Den Kilimanjaro habe ich nach einem Jahr der Unsicherheit und des Herumschwirrens in 2023 bestiegen, kurz nach der ersten eigenen Tour. Nicht falsch verstehen, ich bin mega stolz auf die Songs, die ich in diesem Jahr geschrieben & veröffentlicht habe, aber das war in meinen Augen nicht der richtige SWEED, da es mir zu dem Zeitpunkt einfach nicht gut ging. Deshalb auch die Reise.
Ich musste weg, raus aus Berlin, raus aus diesem Musik-Kreis, raus aus meinem alten Job & allein sein. Die stärkste Erkenntnis, die ich auf der Reise hatte, war wahrscheinlich, dass ich ganz dringend Therapie brauche & diese hat dann wiederum zu ganz vielen Songs geführt bzw. das Fundament dafür gelegt, wieder Songs zu schreiben, die sich für mich nach SWEED anfühlen & zwar zu 100% SWEED.
Live Spielen als größte Leidenschaft
BANDUP: Diese Woche dein Release-Gig im Badehaus Berlin und Ende des Jahres geht’s auf Tour! Was bedeuten dir die anstehenden Konzerte?
SWEED: Wirklich ALLES! Ich glaube, wenn es was ist, was ich am meisten am Künstler sein liebe, ist es vor Publikum zu stehen und meine Geschichte zu erzählen & direkte Emotionen mit Menschen zu teilen.
Musikalische Einflüsse und Inspration
BANDUP: Gibt es einen Moment auf dem Album, bei dem du dachtest: „Diesen Song hätte ich vor ein paar Jahren noch nicht schreiben können“? Falls ja, welchen?
SWEED: Ich glaube ganz viele Songs hätte ich niemals geschrieben, wenn ich nicht das „Sunburn“ Album von Dominic Fike für mich entdeckt hätte. Dieses erschien im Sommer 2023 & ich höre es seitdem jeden Tag mindestens ein mal. Ich weiß nicht, was es mit mir macht, aber es macht ganz schön viel & ich bin dieser Musik so dankbar – ich denke einige Einflüsse auf dem BITERSWEED-Album kommen von „Sunburn“ oder generell von Fike.
Der perfekte Moment für „Bittersweed„
BANDUP: Was ist für dich das perfekte Setting, um dein Album zu hören? Alleine mit Kopfhörern, laut mit Freund*innen oder an einem bestimmten Spot?
SWEED: Ich glaube das Album ist sehr vielfältig, deshalb würde ich jetzt mal kurz ein paar Stimmungen Stichwortartig aufschreiben: Im Zug/Bus nachdenklich am Fenster mit Kopfhörern, im Auto zum Sonnenuntergang, auf der Platte zu Hause alleine im Winter, im Sommerurlaub mit Freunden!
Diese Artists hört SWEED auf Dauerschleife
BANDUP: Welche*n Künstler*in hast du in letzter Zeit rauf und runter gehört und würdest du unsere Community als Empfehlung mitgeben?
SWEED: Definitiv Bennett Coast, Dominic Fike und JPEGMAFIA!
BANDUP: Wie cool! Danke dir SWEED für die ganzen Einblicke. Dein Album läuft bei uns auf jeden Fall schon rauf und runter 😉
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