Marie Bothmer im Interview: Ein Blick auf ihr Debütalbum „Geb dir alles, stimmt so“
„Ich dachte, ich mach einfach Musik und guck, was passiert“ – Marie Bothmer hat aus fast zehn Jahren Trial-and-Error nun endlich ein Debütalbum gemacht.
Eigentlich wollte Marie Bothmer schon mehrfach ein Album veröffentlichen. Doch Labelstreits, kreative Differenzen und am Ende auch Corona standen ihr immer wieder im Weg. Jetzt, mit 29 Jahren, erscheint „Geb dir alles, stimmt so“ – und das klingt, als hätte sie sich in dieser Zeit nicht nur musikalisch neu erfunden, sondern auch persönlich klare Kante gezogen. In unserem Videointerview erzählt Marie, warum sie vier Songs wieder verworfen hat, wie Hiphop ihre musikalische Prägung beeinflusst hat – und wieso sie mit der Zeile „mein Vater hat mich nie geliebt“ bewusst provoziert.
Zwischen Tanzfläche und Therapie: Wie das Album entstanden ist
Marie beschreibt ihre Platte eher als Mixtape denn als klassisches Konzeptalbum. Was die Tracks trotzdem verbindet, ist ihre Stimme – und eine neue Klarheit. Statt Gitarrenballaden dominieren nun Drums, Bass und subtile 90er-Hiphop-Vibes. Die Wurzeln liegen in ihrer Kindheit: Marie tanzte, hörte Smif-N-Wessun auf dem Weg ins Studio und wusste irgendwann, dass sie ihren Pop-Entwurf neu denken muss. „Ich fange heute jeden Song mit Drums und Bass an“, sagt sie. Es ist ein bewusster Bruch mit früheren Versionen, die ihr selbst nicht mehr gefallen haben – etwa „Limbo“, das in komplett neuer Form aufs Album kam.
Dass sie Songs wieder verworfen hat, liegt auch daran, dass sich ihr Anspruch verändert hat. Marie will heute nichts mehr rausbringen, was sie nicht voll fühlt – auch wenn das bedeutet, Hypes zu verpassen. „Ich war fast zwei Jahre weg, obwohl mein Momentum da war“, sagt sie. Aber genau dieses Innehalten macht „Geb dir alles, stimmt so“ so glaubwürdig.
Songs als Ventil: Väter, Verwirrung und verletzte Egos
Der wohl stärkste Moment im Album – und auch im Interview – ist, wenn Marie über ihren Vater spricht. In „Ego“ heißt es trocken: „Mein Vater hat mich nie geliebt, das ist ganz klar.“ Für Marie ist die Zeile nicht nur eine Zeile, sondern Ausdruck einer bewussten Abgrenzung. „Ich will nicht ständig mit ihm in Verbindung gebracht werden, nur weil er Bücher geschrieben hat“, sagt sie. Der Kontakt ist abgebrochen, die Verarbeitung läuft über Musik – oder wie sie es nennt: „eine kleine Heilungsära“.
Berlin ist grau – aber noch ist sie geblieben
Obwohl Marie in mehreren Songs die Tristesse der Hauptstadt thematisiert – etwa in „Kaschmir“ mit Zeilen wie „verschluckt von der Stadt, alles grau, ich bin lost“ – lebt sie seit sieben Jahren in Berlin. Beruflich, klar. Aber auch aus Pragmatismus. „Ich hasse und liebe Berlin“, sagt sie. Ihr Rückzugsort ist ein Kiez mit Dorf-Vibe – und ein kleines soziales Netz, das aus Musiker*innen besteht.
Auch ihre Freundschaft zu Nina Chuba thematisiert sie offen – inklusive Neid- und Lernmomenten. Tourpläne sind derzeit in Arbeit und man darf eventuell bald mehr erfahren. Bis dahin bleibt Marie Bothmer erstmal auf Festivals unterwegs – mit einem Album, das sie nicht für die Szene, sondern für sich selbst gemacht hat.
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